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Trendsport Trendsport: Mit House-Running waagerecht in die Tiefe

Von MORITZ JOHN 03.09.2012, 18:33

Halle (Saale)/MZ. - Für Samstagnachmittag haben wir uns mit dem stellvertretenden Chef vom Kletterwald Schwindelfrei, Frank Höer, und seinem Mitarbeiter Tim Wachsmuth vor dem Maritim verabredet. Der erste Blick an der Hotel-Giebelwand nach oben flößt schon Respekt ein. "Das sind ziemlich genau 30 Meter, die du nachher von dort runter läufst", erklärt Wachsmuth schmunzelnd, als er meine Sorgenfalten sieht. In diesem Augenblick weiß ich auch nicht, was mich geritten hat, für einen Selbstversuch zum "House-Running" zu gehen.

Seit April bietet die Firma, die auch den Kletterwald im Heidebad Nietleben betreibt, diesen neuen Trendsport in Halle an. Immer am ersten Samstag im Monat können Interessierte eine Seitenwand des Hotels am Riebeckplatz herunterspazieren - vorausgesetzt, sie sind halbwegs schwindelfrei. Denn man läuft die Wand tatsächlich - waagerecht und an Seilen gesichert - herunter.



Doch bevor es losgeht, muss ich zuerst noch eine Einverständniserklärung unterschreiben: Bin ich schwanger? Bin ich betrunken? Nein, alles in Ordnung - Start.

Während ich mit einem anderen Kunden zusammen auf das Dach des Hotels fahre, sehe ich ihm an, dass auch sein Puls langsam schneller schlägt. Oben angekommen, werden wir beide von Frank Höer vergurtet und mit Seilen gesichert. Dabei erklärt er uns die Funktion jedes einzelnen Karabiners - das soll wohl beruhigend wirken. Aber ein Blick über die Dachkante - 30 Meter in die Tiefe - genügt schon, um die Wirkung der beruhigenden Worte wieder verfliegen zu lassen.

Dann geht es für meinen Vorläufer los. Er ist doppelt gesichert: Ein Seil hält ihn am fest installierten Gerüst auf dem Dach und mit einem zweiten Seil hängt er an Höer. Und auch der Kletterexperte selbst ist nochmal am Gerüst angeseilt. Mit dieser Sicherheit läuft er die Hausfassade nach unten - nach ein paar Minuten ist alles vorbei.

Jetzt bin ich dran. Als ich an der Dachkante stehe, merke ich, wie mein Puls geht. Aber es hilft nichts, da muss ich jetzt durch. Der schlimmste Moment kommt gleich am Anfang, wenn man sich aus dem Stand langsam in die Waagerechte "fallen" lässt. Sobald das aber geschafft ist und man mit dem Kopf voran auf der Hauswand "steht", macht es einfach nur noch Spaß. Ohne großen Kraftaufwand spaziere ich ganz bequem die Wand runter und kann sogar mit unserem Fotografen unten reden. Zwischendurch stoße ich mich mit den Füßen leicht von der Wand ab, es fühlt sich fast wie fliegen an. Als ich nach wenigen Minuten wieder auf sicherem Boden stehe, spricht das Adrenalin aus mir: "Wahnsinn!"

Unten erzählt mir Wachsmuth, dass das House-Running immer beliebter wird: "Wir haben hier jedes Mal etwa 30 Leute, die die Wand runterlaufen." Natürlich gibt es da auch einige lustige Geschichten. Wachsmuth erinnert sich an einen Kunden, der sich oben auf dem Dach noch schnell ein rotes Spiderman-Kostüm anzog und anschließend seinem Film-Idol nacheiferte. Und an den Junggesellen-Abschied, als man den zukünftigen Ehemann mit verbundenen Augen nach oben brachte. Erst als er an der Dachkante stand, nahm man ihm die Binde ab und sagte ihm, dass er jetzt abgeseilt wird.

Am meisten beeindruckte ihn ein 14-jähriges Mädchen, das die Wand in 15 Sekunden quasi runter rannte - und das, obwohl es ihr allererstes House-Running gewesen war. "Normalerweise brauchen Kunden etwa 15 Minuten dafür", staunt Wachsmuth heute noch darüber.

Interessierte können jeden ersten Samstag im Monat von 12 bis 20 Uhr das Maritim herunterlaufen. Kosten: 30 Euro pro Person. Zum Schnupperpreis von 25 Euro ist dies auch am Samstag, 8. September, im Rahmen des "Sportbahnsteig Halle" von 11 bis 17 Uhr möglich. Infos unter Tel.: 0345 / 1 35 49 11