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Trafo-Werk des ABB-Konzerns an der Delitzscher Straße  Trafo-Werk des ABB-Konzerns an der Delitzscher Straße : Gigant verlässt Halle

Von Michael Tempel 20.04.2015, 07:53
ABB-Monteur Stephan Gutjahr macht den italienischen Trafo transportfertig.
ABB-Monteur Stephan Gutjahr macht den italienischen Trafo transportfertig. Lutz Winkler Lizenz

Halle (Saale) - Die Energiewende hat den Leuten im Transformatorenwerk an der Delitzscher Straße in Halle die Schweißperlen auf die Stirn getrieben. Die Aufträge für aufwendige Trafo-Reparaturen sind eingebrochen. Jetzt blicken die Mitarbeiter des zum schweizerischen ABB-Konzern gehörenden Werks wieder optimistisch in die Zukunft. Und das hat viel mit einem Riesentrafo zu tun, der in den vergangenen Monaten in Halle auf Vordermann gebracht worden ist und der am Dienstag seine Rückreise nach Italien antritt.

284-Tonnen-Riese defekt

Im August 2014 war das 284 Tonnen schwere, 13,50 Meter lange und 4,70 Meter hohe Aggregat mit einem Schwertransport angeliefert worden. Seitdem ist der Trafo grundlegend überholt worden: Unter anderem sind die 18 Riesenspulen, die in dem Giganten aus Stahl eingebaut sind, durch neue ersetzt worden. Eine dieser in Fachkreisen „Wicklungen“ genannten Spulen war ausgefallen, vermutlich wegen Blitzeinschlags. Auch eine neue Lackierung in Grau-Blau hat der Trafo erhalten. In einem Umspannwerk in Norditalien dient der Trafo dazu, Frequenzunterschiede zwischen dem inländischen und den Stromnetzen der Nachbarländer, aus denen die Italiener Elektroenergie importieren, auszugleichen.

Reparaturaufträge sichert Jobs

Nicht nur vom personellen und technischen Aufwand her war die Reparatur eine Herausforderung für die halleschen ABB-Werker: „Ohne diesen Auftrag sähe die Zukunft des Standorts sicher nicht so gut aus“, sagt Produktionsleiter Jürgen Wohlfarth. Der Betrieb habe sich mit dem Projekt, das früheren Angaben zufolge ein Auftragsvolumen im einstelligen Millionenbereich hat, gegenüber der Kundschaft „beweisen“ müssen. „Inklusive Wicklern, Monteuren, technischen Ingenieuren und Verwaltungsleuten waren insgesamt rund 40 Mitarbeiter mit dem Auftrag befasst“, so Wohlfarth. Gearbeitet wurde eigens im Zweischichtbetrieb. Mehr als 100 Überstunden seien zusammengekommen. So etwas registrieren potenzielle Kunden, das verschafft einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten. Wohlfarth & Co. gehen davon aus, wie im Vorjahr auch 2015 etwa 50 Reparaturaufträge im Gesamtumfang von 25 Millionen Euro abzuwickeln. Das ist für die 125 Mitarbeiter die Job-Garantie.

50 Stellen wurden abgebaut

Dabei steht die Energietechnik-Branche unter Druck. 2013 mussten am Standort Halle wegen Umsatzeinbrüchen 50 Stellen abgebaut werden. „Es traut sich kaum noch jemand, zu investieren“, sagt Patrick Sitte, der als Fabrikreparatur-Meister die praktische Umsetzung der Trafo-Überholung koordiniert hat. Weil unsicher ist, welchen Stellenwert erneuerbare und konventionelle Stromquellen in der Energiepolitik künftig haben werden, kalkulieren Netz- und Kraftwerksbetreiber vorsichtig.

Über Aken - dort wird er an der Elbe auf ein Schiff verladen - und Hamburg gelangt der Trafo in etwa sechs Wochen zurück an seinen Platz in Norditalien. Die ABB-Mitarbeiter nehmen sich derweil das nächste große Aggregat vor: ein defekter Trafo aus dem Steinkohlekraftwerk Altbach bei Stuttgart. (mz)

Wie das Aggregat mit allen Aufbauten wie Ausgleichsbehälter und Leitungs-Durchführungen aussieht, verdeutlicht die Zeichnung.
Wie das Aggregat mit allen Aufbauten wie Ausgleichsbehälter und Leitungs-Durchführungen aussieht, verdeutlicht die Zeichnung.
Lutz Winkler Lizenz