Thalia am Markt Thalia am Markt: «Erwählt aus den Schafen»
Halle/MZ. - Manches Schaufenster scheint dieser Tage zu bersten, derart heftig drücken Weihnachtsmänner und Ruprechts Knechte mit all ihrer Fracht aus dem Inneren der Warenhäuser gegen das Glas. Man spürt förmlich, wie all die Dinge hinauswollen zu ihren vermeintlichen Adressaten. Doch eins der Schaufenster in der Innenstadt sieht in diesem Jahr mal ganz anders aus. Im einstigen Herrenkaufhaus am Markt, der derzeitigen Spielstätte des Thalia-Theaters, sitzt jeden Abend um 17 Uhr - dann, wenn es auf dem Weihnachtsmarkt am gemütlichsten ist - ein Schauspieler und präsentiert den Hallensern das aller Weihnachtlichste, das es gibt: eine Geschichte.
Zu den Vorlesern, die bis kurz vor Heiligabend Weihnachts-Storys von Jostein Gaarder aus allen Jahrhunderten rückwärts bis Christi Geburt vortragen, gehört auch der aktuellste Neuzugang des Kinder- und Jugendtheaters, die Österreicherin Dagmar Lautemann, die erst vor ein paar Tagen ihr festes Engagement in Halle angetreten hat.
Im Erzähl-Schaufenster hatte sie übrigens ihren ersten Auftritt an der neuen Wirkungsstätte. Lustigerweise hatte auch die allererste Rolle, die sie je gespielt hat, mit Weihnachten zu tun. Bei einem Weihnachtsspiel im Kindergarten ihres Dorfes in Kärnten durfte sie die Maria spielen - wenn auch nicht gleich. "Ich wurde erwählt aus den Schafen", schmunzelt die junge Schauspielerin. Später, noch im Schulalter, kam sie zum Laientheater. Unter zwei Ensembles musste sie sich entscheiden. Einem, das der Pfarrer leitete und in dem Dialekt-Stücke gespielt wurden, und einem "mit Anspruch", in dem auch eine Reihe von Lehrern aktiv waren. In letzterem verdiente sich Dagmar Lautemann ihre ersten mimischen Sporen.
Die Erfolge, die sie dort feierte, brachten schließlich ihren eigentlichen Berufswunsch - Tierärztin - ins Wanken. Sie ging nach Wien und studierte am dortigen Konservatorium Schauspiel. Anschließend blieb sie in der Metropole und spielte in einem freien Theater-Verein. Doch als sich die Möglichkeit bot, ins hallesche Ensemble zu wechseln, griff sie zu. Die neue Herausforderung lockte.
Umso erfreulicher für die Neue war, dass sie in Halle gleich so etwas wie eine österreichische Kolonie vorfand. Gerade im Thalia spielen eine Reihe ihrer Landsleute - so Andrea Ummenberger, Harald Höbinger und Sebastian Schindegger - oder zuletzt Susanne Silverio und Wolfgang Hüttter. Eine schnelle Eingewöhnung dürfte Dagmar Lautemann auch die Tatsache erleichtern, dass ihr Halle "von Anfang an gefallen" hat. Obwohl sie sich - so räumt sie ein - Halle vorher "so ausgemalt hatte, wie man sich Magdeburg vorstellt". Doch, sagt sie, habe sich dieser Verdacht nicht bestätigt.
Inzwischen probt Dagmar Lautemann eifrig an ihrer ersten großen Rolle. In einem etwas ernsteren Kinderstück wird sie die Titelrolle in "Tante Blümchen" spielen. Sie ist dort eine Kindergartentante, die allein mit einem Kind zurückbleibt, dass nicht abgeholt wird. Premiere ist am 9. Februar.