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Tennis Tennis: Überraschend hoch hinaus

Von PETRA SZAG 20.09.2011, 20:52

Halle (Saale)/MZ. - Die Stimmung an diesem Montagabend auf dem Trainingsgelände des TC Sandanger ist aufgekratzt. Kristin Steinbach flachst mit ihren Freundinnen herum. Sie feiern sich ein bisschen selbst, genießen es, im Mittelpunkt zu stehen. Und dann fällt die Frage aller Fragen. "Oh je, was ziehe ich bloß an? Rock oder doch lieber Hose?" Schließlich passiert es ihnen nicht alle Tage, für ein Foto zu posieren. Tennisspielerinnen aus Halle sind normalerweise nicht besonders gefragte Motive. Wohl auch deshalb lassen sie sich auf den verwegenen Plan des Fotografen ein, der sie zum Ablichten über die Feuerleiter aufs Dach ihrer Vereinsstätte beordert.

Im Augenblick sind die jungen Damen für jeden Spaß zu haben. Ihre Begeisterung kommt nicht von ungefähr. Nur wenige Stunden zuvor hatten sie das kaum Erwartete geschafft und als erstes weibliches Tennisteam aus Halle den Aufstieg in die Ostliga perfekt gemacht. "Ein bisschen haben uns insbesondere die Dresdnerinnen unterschätzt, obwohl sie sich extra für die Aufstiegsrunde eine Tschechin als Verstärkung eingekauft haben", sagt Elisabeth Fleischhammer.

Die 21 Jahre alte Medizinstudentin weiß nur allzugut, wie schwer es wird, im nächsten Jahr die Klasse zu halten. Sie selbst hat zusammen mit Kristin Steinbach 2007 als Gaststarterin für Magdeburg in der vierthöchsten Wettkampfklasse aufgeschlagen. Und obwohl auch dieser Club die Dienste leistungsstarker Ausländerinnen in Anspruch genommen hatten konnte er den sofortigen Abstieg nicht verhindern. Dieses Jahr ereilte Biederitz das gleiche Schicksal. "Wir sind stolz darauf, es ganz allein so weit gebracht zu haben", sagt Elisabeth Fleischhammer. Dabei sind sie allesamt Freizeitspielerinnen. Ambitionierte zwar, die früher auch Turniere gespielt und leise den Traum einer Profikarriere geträumt hatten. Doch die Prioritäten haben sich längst verschoben. Mehr als zweimal Training pro Woche lässt das Studium - sei es nun Medizin, Psychologie, Betriebswirtschaft oder Jura - nicht zu. Einzige Ausnahme ist Marlene Herrmann. Das 13-jährige Allround-Talent besucht die Sportschule und hat, da Tennis nicht zum Unterrichts-Angebot gehört, das Fach Handball belegt.

Auf dem Court trainiert sie nach Schulschluss mit Kristin bei deren Vater Ralf Steinbach. Alle anderen schwingen unter Anleitung von Roy Antemann, dem Freund von Spielerin Sina Urbanek, ihr Racket. Überhaupt hat das ganze Tennis-Unternehmen einen familiären Charakter. Viele Eltern bringen sich beim Fahrdienst mit ein. Vater Andreas Urbanek beispielsweise spielt als Teambetreuer "Mädchen für alles". Ihm obliegt auch die schwierige Aufgabe, für die neue Saison den Etat zusammenzutragen. Bisher waren sie in der Liga mit 400 Euro ausgekommen. Noch einmal 1.500 Euro kosteten die Aufstiegsspiele.

Für die Ostliga mit insgesamt acht Mannschaften aus dem Berliner Raum wird dies nicht reichen. "Da werden wir insgesamt etwa 5.000 Euro benötigen", sagt Urbanek nach einem ersten Kostenüberschlag. Eine Aufwandsentschädigung für eine Ausländerin, die als Punktegarant für mindestens vier Spiele geholt werden soll, ist da mit eingerechnet.

Eine zweite Idee, die Urbanek hat: "Wir wollen versuchen, eine ehemalige große Spielerin aus Halle davon zu überzeugen, uns zu helfen". Mit Jana Kandarr würden die Chancen der Damen vom Sandanger steigen - auch wenn die ehemalige Nummer 43 der Weltrangliste und Olympiateilnehmerin von 2000 seit ihrem Karriereende vor sechs Jahren sicher ein wenig aus der Übung gekommen ist.

Egal, ob Kandarr für das Abenteuer gewonnen werden kann oder nicht: sich in Liga vier zu halten wird ein schwieriges Unterfangen. Die Kleiderordnung zu klären, war es dagegen nicht. Die Entscheidung fiel mit 5:1 eindeutig aus - für die Hose.