Taschentücher und Ausflüge Taschentücher und Ausflüge: Elternvertreter kritisieren zusätzliche Beiträge in Kitas

Halle (Saale) - Fünf Euro pro Quartal für Taschentücher und Zahnpasta, zehn Euro pro Monat für saubere Teller und Tassen, 20 Euro pro Jahr für Spiel- und Bastelzeug, 4,50 Euro alle drei Monate für Tee, 60 Euro pro Monat für Mittagessen: Auf das Jahr hochgerechnet ergibt das eine Summe, die Eltern zusätzlich zu den regulären Beiträgen in vielen Kitas für einen Betreuungsplatz bezahlen müssen. Eine Deckelung gibt es nicht für diese zusätzlichen Kosten. Deshalb schlägt die Stadtelternvertretung nun Alarm.
„Die meisten Eltern wissen überhaupt nicht, was mit dem Geld gemacht wird, das in den Kitas neben den Monatsbeiträgen eingesammelt wird“, sagt Daniel Mahler, Sprecher der Elternvertretung. In vielen Einrichtungen mangele es dahingehend an Transparenz. Zudem variiere stark, welche Zusatzkosten in den einzelnen Kitas erhoben werden.
„Familien überblicken bei Vertragsabschluss nicht, welche Kosten letztendlich auf sie zukommen“
Während es in städtischen Einrichtungen häufig eine Gruppenkasse gibt, werden in Kitas freier Träger zum Beispiel Service-, Pflege- und Investitionspauschalen in Rechnung gestellt. „Die Familien überblicken bei Vertragsabschluss nicht, welche Kosten letztendlich auf sie zukommen“, sagt Mahler. Sozialschwache Familien könnten zwar bei den Monatsbeiträgen und dem Essensgeld vom Staat unterstützt werden, müssen die Zusatzkosten jedoch gleichermaßen tragen.
Mahler befürchtet, dass dadurch Familien mit einem geringem Einkommen auf eine Betreuung in einer Einrichtung verzichten könnten. Deutlich werde das zum Beispiel bei Kindern mit Migrationshintergrund, meint er. Lediglich die Hälfte aller Migrationskinder unter sechs Jahren besuchen aktuell in Halle eine Kita. Schuld an der Misere sind laut Mahler jedoch nicht die Kita-Leitungen. „Offensichtlich sind die Kitas nicht ausreichend finanziert, sonst müssten sie die Zusatzkosten nicht erheben“, sagt Mahler.
Kindertagesstätten werden zum Großteil über Zuschüsse vom Land und der Stadt finanziert
Die Kindertagesstätten werden zum Großteil über Zuschüsse vom Land und der Stadt finanziert, der Elternmonatsbeitrag macht nur einen kleinen Anteil aus. Wie hoch der städtische Zuschuss an die einzelnen Träger ausfällt, wird laut Verwaltung individuell ausgehandelt. Dass diese Finanzierung tatsächlich nicht für sämtlich Kosten ausreicht, bestätigt Beate Gellert, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendhauses in der Südstadt. In ihren Einrichtungen müssen die Eltern seit 2018 zusätzlich 20 Euro pro Jahr einzahlen.
In den neuen Betreuungsverträgen sei dies auch festgehalten. Gellert betont, dass das Geld weder für Personal- noch Betriebskosten verwendet wird. „Wir können damit zum Beispiel neues Spielzeug kaufen oder Feiern ausrichten“, sagt sie. Das Geld komme allein den Kindern zugute. Der Staat könne nun mal nicht alle Kosten abdecken. „Ich finde es angemessen, dass die Eltern einen kleinen Zusatzbeitrag leisten“, sagt Gellert, die bei der Kommunalwahl für die Wählergruppe Hauptsache Halle kandidiert.
Zusatzkosten in Kitas dürften eine gewisse Obergrenze pro Monat nicht überschreiten
Die Zusatzkosten dürften jedoch eine gewisse Obergrenze pro Monat nicht überschreiten. Eine Regelung der Stadt Halle, wie viel die Kitas pro Monat zusätzlich erheben dürfen, gibt es bisher noch nicht. In der städtischen Kostensatzung für Kitas ist nur festgeschrieben, wie die Monatsbeiträge nach Betreuungszeit pro Woche gestaffelt sind.
Eltern zahlen für Kinder ab dem vierten Lebensjahr für eine Vollzeitbetreuung zum Beispiel 119 Euro pro Monat. In anderen Bundesländer sind hingegen die Obergrenzen für Zusatzkosten definiert worden. In Berlin müssen Eltern zum Beispiel maximal 90 Euro pro Monat für zusätzliche Angebote zahlen, der Betreuungsplatz ist seit 2018 sogar komplett gebührenfrei. (mz)