Sternzeichen bringt Glück
HALLE/MZ. - Die Wohnung, obwohl erst vor einer Woche bezogen, ist vollständig eingerichtet. Dazu aufgeräumt und blitzsauber. Nirgendwo gibt es Chaos, von Hektik keine Spur. Zwar leben hier fünf Personen und ein Hund, aber es herrscht ungezwungene Ruhe. Nur ab und zu ist ein Babyschrei zu hören. Selbst der aber gleicht eher einem leisen Murmeln oder Krähen.
So etwas soll es öfter geben? Stimmt. Aber wer Familie Roßberger besucht, rechnet einfach nicht damit. Denn Sandra und Sebastian Roßberger haben erst vor sechs Wochen Zwillinge bekommen - und die mittlerweile acht Jahre alte Lena Marie damit auf einen Ruck einen Bruder und eine Schwester. Die Umstände der Zeugung waren eher ungewöhnlich - und auch sonst lassen sich viele Besonderheiten in der Familie finden, die sich gar nicht für etwas Besonderes hält. Allenfalls für stressresistent.
Da die heute 26-jährige Sandra Roßberger nach der Geburt der ersten Tochter auf natürlichem Weg keine Kinder mehr bekommen konnte, der Wunsch nach Familienzuwachs aber immer größer wurde, entschloss sich das Paar zu einer künstlichen Befruchtung. Der erste Versuch hat nicht geklappt. Der zweite schon. Die MZ war damals zu Besuch und hat die Freude beschrieben: Hurra, wir sind schwanger! Zeitig war klar: Doppeltes Glück steht ins Haus.
Errechneter Geburtstermin war der 8. Juli. Doch bereits in der 36. Schwangerschaftswoche sind die Zwillinge zur Welt gekommen. Durch eine Spontangeburt, nicht durch einen Kaiserschnitt. Leonie Marie hat ihrem Bruder den Vortritt gelassen. Lennardt Karl wog 2 620 Gramm und war 46 Zentimeter groß, seine Schwester brachte 360 Gramm weniger auf die Waage und war zwei Zentimeter kleiner. Schon fünf Tage nach der Geburt konnte Sandra Roßberger die Klinik verlassen - mit beiden Kindern. "Obwohl es Frühchen waren, ging es ihnen von Anfang an gut", strahlt die bereits wieder gertenschlanke Mutter.
Natürlich sei die Schwangerschaft anstrengend gewesen. "Gleich zwei im Bauch, das merkt man schon." Aber angesichts des Glücks, gesunde Kinder zu haben, die sich prächtig entwickeln, sei das schnell vergessen. Niemals vergessen, merkt der stolze Vater mit leichtem Schalk in den Augen an, werde man den Geburtstag: 11. 6. 11. Zwillinge, die im Sternzeichen Zwillinge geboren sind. Im Kreißsaal war Sebastian Roßberger von der ersten Minute an dabei und sagt rückblickend: "Es war einfach toll." Den Augenblick, als er die Nabelschnüre durchschneiden durfte, werde er nie vergessen.
Mittlerweile ist so etwas wie Alltag eingekehrt. Gut organisiert, das müsse man sein, meint Sandra Roßberger, sonst könne es nicht funktionieren. Ihr Mann helfe im Haushalt, wann immer es ihm möglich sei. Er ergänzt, er gehe "normal arbeiten", könne sich als Versicherungskaufmann aber schon den einen oder anderen Freiraum schaffen. Nur ungestörte Nachtruhe, die gebe es derzeit nicht. Leonie Marie schlafe zwar bereits acht Stunden durch, Lennardt Karl dagegen nur drei oder vier. "Dann hat er schon wieder Hunger."
Für die nunmehr große Schwester ist die Situation noch ungewohnt. Zwar freut sich Lena Marie, wenn die Schulfreunde ganz wild sind auf Bilder von ihren Zwillingsgeschwistern, aber dass die Familie dieses Jahr während der Sommerferien nicht verreisen kann, findet sie schade. Tapfer sagt die Grundschülerin: "Ich habe ja meinen Computer." Ihre Mutter räumt ein, dass die Erstgeborene derzeit tatsächlich zurückstecken muss. "Aber das wird auch wieder anders."
Sandra und Sebastian Roßberger haben die Entscheidung zu einer Befruchtung im Reagenzglas, wie sie im Brustton tiefster Überzeugung sagen, nicht eine Sekunde bereut. Sie sind mit ihren drei Kindern durch und durch glücklich. Ist die Familienplanung nun abgeschlossen? "Ja", sagt Sandra Roßberger - nach einem kaum merklichen Zögern. Ihr Mann setzt mit schwer zu deutendem Lächeln hinzu: "Vorerst."