Stadtteil Am Gastronom Stadtteil Am Gastronom: Die Keimzelle von Halle-Neustadt

Halle (Saale) - Wenn Gudrun Hensling an den Neustädter „Gastronom“ denkt, wird sie ein wenig wehmütig: Dort hat die frühere Stadtfotografin von 1967 bis 1993 gewohnt. „Dort bin ich einkaufen gegangen, dort waren meine Kinder in der Einrichtung, dort habe ich gelebt.“ Zahlreiche Fotos sind deswegen auch genau da entstanden, rund um den „Gastronom“.
Halle hat mehr als 60 Stadtteile, Viertel und Stadtquartiere. Wir stellen alle vor: hier Am Gastronom.
Motiv waren natürlich auch ihre Kinder - und so kam 1972 das Foto mit ihrem damals vierjährigen Sohn Ulf zustande, an der zwei Jahre zuvor aufgestellten Skulptur „Vater und Sohn“ von Burg-Künstler Rudolf Hilscher. „Es ist ein Stück Heimat für mich, das Gastronom“, sagt die 76-Jährige. Weg hat es sie nie aus dem westlichen Stadtteil gezogen - heute wohnt sie auf der anderen Seite der Neustadt, direkt am Grünstreifen zu Heide-Süd.
„Neustadt ist besser als sein Ruf“
„Neustadt ist besser als sein Ruf“, wird sie nicht müde, zu betonen. Denn auch heute noch sei hier alles direkt um die Ecke, was man braucht: Kita, Ärzte, Post, Gaststätten, Bus- oder Straßenbahnhaltestelle.
Als Gudrun Hensling 1967 nach Neustadt zog, war es für sie - wie für alle Bürger der neuen Stadt - ein Sechser im Lotto. Ein eigenes Bad in der Wohnung, die Heizung stellte man einfach an und musste keine Kohlen mehr schleppen. Das alles war in den oftmals maroden Altbauwohnungen in der Innenstadt von Halle nicht gegeben, in denen auch Gudrun Hensling zuvor mit ihrem Mann gewohnt hatte.
Als Halle-Neustadt eine riesige Baustelle war
Die Zeit der Gummistiefel hat auch sie erlebt, als Neustadt eine riesige Baustelle war, an der die ersten Blocks entstanden. Straßen gab es zwischen den Häusern noch nicht, nur Matschstraßen. Dafür war das, was zumindest in den Anfangsjahren ab 1965 entstand, ein durchdachter Plan: In der Mitte der Wohnanlagen, die in „Wohnkomplexe“ aufgeteilt wurden und mit Blocknummern statt mit Straßennamen versehen waren, wurden jeweils Versorgungszentren errichtet.
Am Gastronom wurden so nicht nur Gaststätten, sondern auch Kindergärten, Schulen, Apotheke, Sparkasse, Post und Einkaufshallen mit errichtet. Zudem wurde die Umgebung mit Kunst im öffentlichen Raum verschönert, ebenso gibt es zahlreiche gestaltete Wände - ob sie schön sind, bleibt Geschmackssache.
1966 wurde der Taubenbrunnen aufgestellt
Im ersten dieser Wohnkomplexe, nur wenige Schritte vom Gastronom entfernt, wurde auch 1966 der Taubenbrunnen aufgestellt. Ein symbolischer Akt: Er zeigt Tauben, die im Wappen von Neustadt zu finden sind. Doch seit 2008 ist der Brunnen abgeschaltet, weil er defekt ist. Die Skulptur - ebenfalls von Rudolf Hilscher - ist eingelagert. Noch bis 2021 müssen die Neustädter warten, bis das Wasserspiel wieder sprudelt: Für die Sanierung des Brunnens, der Freifläche und des benachbarten Spielplatzes wurden zwar Fördermittel bewilligt.
Die hatten jedoch die erforderlichen 280.000 Euro nicht gedeckt, so dass die Stadt noch weitere Mittel beantragen musste. Jetzt ist das Geld zusammen, sagt Baudezernent Uwe Stäglin - ausgezahlt wird es ab 2019: „Die Planung soll 2019 erfolgen, die Baumaßnahme 2020. Zur Brunnensaison 2021 soll der neue Brunnen in Betrieb gehen.“ (mz)