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Stadtsingechor Halle Stadtsingechor Halle: Ein Ein Hallelujah zum 900.

Von Joachim Lange 09.05.2016, 20:06
Der Stadtsingechor, hier bei einem Konzert im Februar in Halle
Der Stadtsingechor, hier bei einem Konzert im Februar in Halle dpa

Halle (Saale) - Als Zahl für das Jubiläum einer so lebendigen Institution, wie es ein Knabenchor ist, ist die 900 schwer vorstellbar. Was war gleich mal 1116 hierzulande los? Wer regierte, wie sprach man eigentlich? Bis in August Hermann Franckes oder Georg Friedrich Händels Zeiten, also bis in die Jahrzehnte vor und nach der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, mögen ja manche Schichten des kollektiven Gedächtnisses in der Saalestadt noch reichen: Franckes Stiftungen sind nicht zu übersehen, und der Meister des „Hallelujah“ ist hier nicht nur während der Festspiele unüberhörbar.

Doch selbst zur Lebenszeit unserer berühmtesten Altvorderen war der Stadtsingechor schon über 500 Jahre alt. Wenn man die erste urkundliche Erwähnung mit der Gründung des Klosters Neuwerk in Halle als Geburtsstunde ansetzt.

Älter als berühmte Nachbarchöre

Manchmal kann es schwindlig machen, wenn die Gedanken den eigenen Traditionen nachgehen. Da können der Leipziger Thomaner- und der Dresdner Kreuzchor noch so weltberühmt sein - Halles Stadtsingechor ist auf jeden Fall älter. Dass unter dessen Chordirektoren Berühmtheiten wie Samuel Scheidt, der Händel-Lehrer Friedrich Wilhelm Zachow und der älteste Bach-Sohn Wilhelm Friedemann waren, daran erinnerte natürlich Oberbürgermeister Bernd Wiegand beim Festkonzert am Sonntag in seinem launigen, vor allem an die Jungs auf der Bühne gerichteten Glückwunsch. Samt einer Bekräftigung des Finanzierungsbeitrages durch die Stadt. Vom Pult zu hören, dass Ausgaben für Kultur Investitionen in die Zukunft sind, ersetzt allemal jedes Blumengebinde.

Dass der Tenor beim Festkonzert-„Messias“, Patrick Grahl, ein ehemaliger Thomaner ist und sein Bass-Kollege Tobias Berndt seine musikalische Ausbildung im Dresdner Kreuzchor begann, ist übrigens eine hübsche Besetzungspointe für das Jubiläumskonzert. Auch dass Mozarts Bearbeitung des „Messias“ auf dem Programm stand, hat mit Geschichte zu tun. 1742 hatte sich Händel mit dem „Messias“ nachhaltig als der Meister des Oratoriums etabliert. Mozart passte das Werk Ende der 80er Jahre gleichwohl dem gewandelten Geschmack seiner Zeit an.

Festkonzert mit Händelfestspielorchester

Beim sonntäglichen Festkonzert unter der Leitung von Chordirektor Clemens Fläming musizierte das Händelfestspielorchester. Mit einem bestens einstudierten, wunderbar harmonisch gemischten, geradezu einschmeichelnden Klang. Man kann sich das sicher machtvoller und bei den Frauensoli auch klarer verständlich vorstellen. Aber der Chor als der Star des Abends überzeugte restlos! Und zwar nicht nur den Teil des Publikums, der mit ihm verwandt ist.

Ein besonderes Schmankerl war davor die Uraufführung von Thomas Buchholz „Nongenti“. 900 Jahre in 900 Takten als Zeitreise und eine höchst gegenwärtige Besinnung auf das Vergangene. Ein Stück „für gemischten Chor und aktives Handwerk“. Was durchaus wörtlich gemeint ist, denn als Begleitung für historische Texte aus den ersten Jahrhunderten der Chorgeschichte gibt es live produzierte Geräusche wie beim Steinmetz und Zimmermann, von der Säge oder vom Schleifstein. Das hat originellen Witz. Für die Jungs und manch einen im Publikum waren die dreieinhalb Stunden ein Kraftakt. Doch danach gab es im Foyer eine Runde Kuchen für alle.

Mehr zum Chor im Internet unter:www.stadtsingechor-zu-halle.de (mz)