Solostück "Der Alleinunterhalter" mit Matthias Brenner Solostück "Der Alleinunterhalter" mit Matthias Brenner: Künstler in der Schaffenskrise am Neuen Theater in Halle

Halle (Saale) - Der Mann hat Wut: „So einen Hals“, wie das so schön heißt, wenn mal wieder alles gar nicht mehr schön ist. Dabei könnte, ja müsste doch alles so schön und gut sein - noch dazu bei einem Mann, dessen Lebenszweck darin besteht, das Gute und Schöne in heiteren Stunden zu besingen und zu beplaudern - aber leider ... Das Leben, das „Der Alleinunterhalter“ führt, ist alles in allem alles andere als lustig. Das wiederum klingt paradoxerweise wie eine gute Prognose für ein sehr lustiges, aber zutreffendes Stück Theater. Und gerade wird dieser „Alleinunterhalter“ im NT-Hof einstudiert.
Regisseur und Hoftheater-Spezialist Dietmar Rahnefeld inszeniert das eigentlich als reines Solo konzipierte, noch fast tintenstrahldruckerfrische Stück von Ralph Hammerthaler mit Intendant Matthias Brenner als Alleinunterhalter. Die Premiere am Sonntag ist also mal wieder eine hallesche Welturaufführung - und das nicht mal nur zufällig oder gar als unverdienter Glücksfall.
Verkannter Künstler in der Krise
Nein, „Der Alleinunterhalter“ hat gewissermaßen sogar Halle-Bezug - obwohl es die saukomisch-tragische Geschichte eines fast schon ewigen und universellen Typen ist: Eines alternden Solo-Entertainers, der in eine schier ausweglose Lebens- und Schaffenskrise gerät, weil sein Genie als Interpret partybewährter Ohrwürmer und als Stimmungskanone bei Tanztees und Dampferfesten nach jahrzehntelangem Dauererfolg nicht mehr angemessen gefragt ist und gewürdigt wird. „Der größte Künstler“ rund ums regionale Binnengewässer fühlt sich mehr und mehr verkannt und kämpft einen scheinbar aussichtslosen Kampf: allein gegen die Ahnungslosen! Und das sind viele - beginnend bei den örtlichen Medien wie dem „Anzeiger“, die ihn notorisch missverstehen oder, schlimmer noch, ignorieren. Und die er dennoch braucht - denn, so weiß man ja als Alleinunterhalter: „Wer nicht im ,Anzeiger‘ steht, den gibt es nicht.“
Brenner wird und will mit der hinreißend-haarsträubenden Geschichte um einen gefallenen Helden der Provinzkultur freilich zugleich eine zweite Geschichte erzählen, die das hallesche TheaterPublikum noch gut in Erinnerung hat. Die Rede ist von den jüngsten Kulturkämpfen um die Theaterfinanzierung in Sachsen-Anhalt - und da schließt sich der Kreis zum Autor des Stücks. Der nämlich hatte im Auftrag von „Theater der Zeit“ von diesen Kämpfen berichtet und mit Blick auf Brenner und seine ebenfalls kämpferischen Intendanten-Kollegen in Dessau und Eisleben seinen Text mit „Die glorreichen Drei“ betitelt.
Chance zum Mitsingen
Und seither habe sich der Kontakt zu Ralph Hammerthaler gehalten - jener Kontakt, der nun in der Uraufführung des Stücks „Der Alleinunterhalter“ gipfelt. Womit die phasenweise an Patrick Süßkinds „Der Kontrabass“ erinnernde Story aus dem Trivialkulturmilieu eine sehr reizvolle Gleichnisfunktion bekommt für vor Ort anstehende, hochaktuelle und hochbrisante Fragestellungen der Hochkultur. Ist so ein trauriger, frustrierter und verarmter Alleinunterhalter womöglich das Zukunftsmodell der Landeskultur? - so könnte sich leicht überspitzt dann dieser oder jener Zuschauer fragen: Natürlich in den Pausen zwischen zwei Lachern - denn hier wird Sommertheater gespielt. Mit Gesang und wohl auch der gelegentlichen Chance zum Mitsingen - schließlich ist NT-Musik-Chef Alexander Suckel ja spielend und singend mit von der Partie. (mz)
Uraufführung am Sonntag, weitere Vorstellungen am 27. und 28. Juni, jeweils 20.30 Uhr im Hoftheater.