Seltenes Handwerk Seltenes Handwerk: Korbmacher bis Sargtischler - die Letzten ihrer Art

Halle (Saale) - Wann haben Sie sich zuletzt Schuhe direkt vom Schuhmacher anfertigen lassen? Oder einen Hut vom Modisten? Sicher kennen Sie einen Tischler - aber auch einen Stühlemacher, einen Sargtischler, einen Bautischler oder einen Möbeltischler? All das sind Berufe, die früher gang und gäbe waren, heute allerdings findet man sie nur noch selten oder sogar gar nicht mehr. Viele Berufe sind in den vergangenen Jahrzehnten praktisch verschwunden. Die MZ stellt einige Menschen vor, die seltene Handwerke noch ausüben - vielleicht als die letzten ihrer Art.
Was macht eigentlich . . . ?
Ein Metallbildner, ein Korbmacher, ein Elektromaschinenbauer und eine Flexografin werden einen Einblick in ihren Arbeitsalltag liefern. Außerdem werden ein Orgel- und ein Ofenbauer, eine Galvaniseurin und eine Glasveredlerin vorgestellt. Sie alle sind die letzten Personen, die im Raum Halle noch ihr jeweiliges Handwerk ausüben.
Das Schicksal seltener Berufe
„Das Handwerk orientiert sich natürlich am Markt, immerhin müssen die Unternehmen ja ihr Geld verdienen“, sagt Jens Schumann von der Handwerkskammer Halle. Und dieser Markt ist eben von dem abhängig, was die Kunden wollen. Ein Beispiel sei etwa der Weberberuf: „Es gibt kaum noch einen Massenmarkt für handgewebte Produkte. Daher gibt es im Vergleich zu früheren Jahrhunderten auch kaum noch Weber. Deren Job macht die Industrie.“ Ähnlich sieht die Sache für die Uhrmacher aus. Es würden zwar noch Uhren gekauft, sagt Schumann, aber nur noch wenige repariert. „Und Batteriewechsel kann auch ein Kaufhaus.“
Laut dem Handwerkskammersprecher könne man sagen, „dass immer da, wo die Industrie Massenware anbietet, die individuelle Fertigung zurück geht.“ Ein gutes Beispiel dafür: „Bis in die 1990er Jahre gab es einen Installateurmeister und einen Heizungsbaumeister, beide haben sich dereinst aus dem Klempnerhandwerk entwickelt“, sagt Schumann. „Heute haben wir den Installateur und Heizungsbauer. Den Klempner gibt es immer noch, aber er ist selten geworden. Warum? Es gibt jetzt vorgefertigte Ware aus der Industrie, die meist günstiger ist. Beim Bauen spielt der Kostenfaktor ja praktisch immer eine Rolle.
Außerdem gehen laut Schumann auch die Spezialisierungen zurück. Früher gab es den Grob- oder Graubäcker, den Fein- oder Weißbäcker, den Pfefferküchler. Heute wird all das unter dem Bäckerberuf zusammengefasst.
Zweite Chance fürs Handwerk
Aber das Schicksal des Handwerks ist keine Einbahnstraße: Es gibt auch Berufe, die ihr Nischendasein abschütteln und wieder erstarken. Schumann nennt als Beispiel das Schneiderhandwerk. „Hier gibt es eine kleine Renaissance, in Richtung Designkleidung für jedermann.“ Dieses Handwerk wird auch gerade unter jungen Leuten immer beliebter.
Sammelpunkt Handwerkskammer
Die HWK Halle zählt derzeit 151 Gewerke. Für 41 davon wird ein Meisterbrief verlangt, in 53 ist eine Meisterprüfung möglich. Für 57 gibt es keine Ausbildung. Schumann merkt aber an, dass es deutlich mehr Ausbildungsberufe gibt. „Zum Beispiel kann ein Kraftfahrzeugtechniker in seinem Betrieb Karosserie- und Fahrzeugbauer, Kraftfahrzeugtechniker, Automobilkauffrauen und Bürokauffrauen ausbilden, gegebenenfalls sogar Lackierer oder Vulkaniseur und Reifenmacher, wenn er entsprechende Meisterbriefe hat oder Ausbilder eingestellt hat.“ (mz)