Sekretärin ohne Ruhe im Ruhestand
Halle/MZ. - "Nur noch Essen kochen und die Wohnung putzen? Das ist entschieden zu wenig", dachte sich Gertraude Pabst, als sie 2003 in den Ruhestand ging. In ihrem Beruf als Chefsekretärin hatte sie immer Menschen um sich gehabt, musste organisieren, dafür sorgen, dass alles reibungslos klappt. Daneben habe sich soziales Engagement wie ein roter Faden durch ihr Leben gezogen, sagt die heute 65-Jährige. Damit war klar: In diesem Bereich wollte sie auch in der Zukunft, noch dazu mit viel Freizeit im Rücken, etwas tun.
Aber was? Die Auswahl, so stellte die wesentlich jünger wirkende Frau beim Studium einer Broschüre der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis schnell fest, ist groß. Schließlich stieß sie auf das Vorhaben des Bauvereins Halle-Leuna, am Lutherplatz einen Kultur- und Freizeittreff einzurichten. "Die Aufgabe hat mich gereizt, weil ich hier etwas ganz Neues aufbauen konnte, etwas zuwege bringen, das es noch nicht gab." Doch obwohl das Interesse groß gewesen sei, "wollte ich es nicht allein machen". Ein Mitstreiter wurde schnell gefunden, man traf sich, tauschte Ideen aus - und dann konnte es auch schon losgehen.
Na ja: fast losgehen. Denn vor dem offiziellen Start musste das Angebot erst einmal bekannt gemacht werden. Also wurden im weiten Umkreis Einladungen verteilt, in Briefkästen geworfen und in Schaufenster gelegt. Die Sache sprach sich herum, die Leute waren neugierig und kamen in den neuen Wohngebietstreff. Nicht immer in Scharen, dafür manche regelmäßig, viele dankbar für die
Möglichkeit, auch mal einfach nur schwatzen zu können, und alle mit Interesse an dem, was da an mehreren Nachmittagen im Monat geboten wird.
Gertraude Pabst sprudelt förmlich über bei der Aufzählung: Dampferfahrten und Ausflüge in die Dölauer Heide, Bücher- und Hausratbasare, Vorträge, Spielenachmittage und Kaffeeklatsch. "Letzterer ist sehr wichtig für die älteren Leute, die ja vor allem den Treff nutzen. Sie treffen dann auf Gleichgesinnte und Gleichaltrige, können sich austauschen."
So beliebt seien manchmal Veranstaltungen, "dass wir sogar noch zusätzliche Tische und Stühle aufstellen müssen". Besonders stolz ist die agile Blondine darauf, "dass es nie Wiederholungen gibt, kein Programm, das in einem bestimmten Rhythmus abgespult wird. Wir bieten ständig Neues." Das werde von den Besuchern auch honoriert.
Doch so sehr sie sich auch freut über die Resonanz, so viel Zeit sie auch investiert, seit sie im November 2003 Verantwortung im Freizeittreff übernahm: Für Gertraude Pabst ist ihr Engagement keine Einbahnstraße, keine Sache, bei der sie nur die Gebende ist. "Es macht mir Spaß und es bringt mir selbst viel", sagt die gebürtige Hallenserin, die ganz in der Nähe des Lutherviertels wohnt und sich dort pudelwohl fühlt. Es sei sehr schön, dass sie durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit viele Leute kennenlerne. Kontakte entstünden, die es sonst nicht gebe. "Ich konnte schon manche Bekanntschaft knüpfen."