Schwimmen Schwimmen: Hornfrosch als Glücksbringer
Halle (Saale)/MZ. - Die Hände von Sabine Rasch mit den nach vorn gebogenen Zeige- und Mittelfingern sieht eigenwillig aus. "Das", sagt die 22-Jährige, "ist unser Zeichen". Und weil sie dieses in den letzten Tagen schon oft gezeigt und dafür fast genauso oft fragende Blicke kassiert hat, kommt die Erklärung gleich hinterher. "Ein Hornfrosch." Ganz hübsch sei der in natura anzusehen und ein typischer Bewohner in Texas, erklärt die Schwimmerin des SV Halle.
Sabine Raschs ausgefallene Tierliebe hat eine einfache Erklärung. Denn sie studiert seit zwei Jahren an der Texas Christian University Business. Und wenn sie gerade einmal nicht im Hörsaal sitzt, dann trainiert sie oder vertritt ihre Uni bei Wettkämpfen. Der Froschlurch - über das hübsch lässt sich zumindest streiten - ist ihr Schulmaskottchen und deshalb auf der Wettkampfkleidung auch gegenwärtig.
Der von ihr gewählte Ausbildungsweg zeigt: Sabine Rasch liebt Herausforderungen. Und sie ist ehrgeizig. Der Anspruch, zu den Besten zu gehören, gilt nicht nur für die Uni, sondern auch fürs Wasser. Während der Semesterferien ist die schwimmende Studentin zu ihrer alten Trainingsgruppe zurückgekehrt. Seit drei Wochen zieht sie wieder unter Anleitung von Coach Frank Embacher in Neustadt ihre Bahnen. "Es ist so, als wäre ich nie weg gewesen." Sich von früh an bis zum Abend auszupowern, sich ganz aufs Training konzentrieren zu können, empfindet sie als Luxus. Und sie fühlt sich gut in Form. So gut, dass Sabine Rasch bei den deutschen Meisterschaften ab Dienstag in Berlin um ein WM-Ticket kämpfen will.
Ihren Angriff startet die Kraul- und Delphinsprinterin aber nur auf zwei Strecken: "Ich konzentriere mich auf 50 und 100 Meter Freistil." Ein Platz unter den ersten Fünf käme einer Empfehlung für die WM-Staffel gleich.
So abwegig erscheint das nicht. Letztes Jahr überraschte Sabine Rasch als Vizemeisterin über 50 Meter Kraul. Die Normzeit für die EM verfehlte sie nur um acht Hundertstel. Daraufhin wurde sie vom Verband in den B-Kader berufen.
Trainingslager für den Formaufbau konnte Sabine Rasch wegen des Studiums nicht nutzen. Zweifellos ein Nachteil gegenüber denen, die mit ihr um die Staffelplätze streiten. Dennoch glaubt sie an ihre Chance: "Ich habe mich weiterentwickelt. Meinen Start habe ich verbessert, das Sprintvermögen und die Technik." Dank des Trainings - täglich von 5.30 bis 7 Uhr und 14 bis 16 Uhr - in der internationalen Truppe. "Da wurden neue Reize gesetzt", sagt Sabine Rasch. Denn an ihrer Uni verläuft das Training anders. In Halle sei es klar strukturiert. "An einer Tafel steht vor Beginn immer, was in welcher Reihenfolge zu machen ist. In Texas hat der Trainer auch einen Plan, aber den kennen wir nicht", erzählt die SV-Athletin. Das macht es schwierig, sich die Kräfte einzuteilen. Und: "Wir machen zwischendurch keine Tests, wissen also auch nicht, wo wir stehen".
Auch die Wettkampfzeiten sind - trotz ihrer drei aktuellen Universitätsrekorde - kein Anhaltspunkt. Denn in Amerika werden Yards statt Meter geschwommen. Die Strecken sind ein wenig kürzer. Doch die Ungewissheit verunsichert Sabine Rasch nicht. Die Sportlerin wirkt ungeheuer selbstbewusst. Selbst wenn ihr WM-Plan schief geht, will sie aus dem Negativerlebnis etwas Positives mitnehmen. "Dann nutze ich meinen Deutschland-Aufenthalt für ein Praktikum." Wo, sei noch offen. In Luckenwalde etwa, wo ihre Familie wohnt. Oder in ihrer Wahlheimat Halle - das garantiert ihr die Nähe von Freund Raik Recksiedler. Bei dem Triathleten wohnt sie während des Heimaturlaubs.
Ende August geht es zurück nach Texas, wo sie noch zwei weitere Studienjahre erwarten. Dazu ein soziales Projekt. "Wir bringen Kindern, die sich das finanziell nicht leisten können, das Schwimmen bei", sagt Sabine Rasch. Und natürlich will sie weiter ihre eigenen Fertigkeiten im Wasser vervollkommnen. Schließlich wartet im nächsten Jahr mit Olympia wieder eine große Herausforderung.