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Schweißen als Schulfach Schweißen als Schulfach: Handwerkskammer will eigene freie Sekundarschule gründen

Von Silvia Zöller 21.04.2018, 07:00
Schweißer
Schweißer dpa

Halle (Saale) - Immer weniger Jugendliche wollen ein Handwerk lernen, in den Firmen fehlt der Nachwuchs. Dabei werden händeringend junge Menschen gesucht, die Fliesen verlegen, Dächer decken oder Schweißarbeiten durchführen - die Auftragsbücher der Betriebe sind voll. Die Handwerkskammer Halle hat eine Idee für eine Lösung: die Gründung einer freien Sekundarschule, die sich auf die Fachrichtung Handwerk spezialisiert.

„Wir sind dazu in einem Erkenntnisprozess: Ist das rechtlich und finanziell möglich?“, sagt Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer. Bei 13.000 Handwerksbetrieben im Kammerbezirk kann sich Keindorf nicht vorstellen, dass nicht genug Eltern untern den Inhabern Interesse an einer Anmeldung ihrer Kinder haben: „Ich wette, dass wir alleine aus den eigenen Betrieben eine Klasse voll bekommen.“

Handwerkskammer: Statt zu jammern, muss man ausbilden, um Nachwuchs zu gewinnen

Statt zu jammern, muss man ausbilden, um Nachwuchs zu gewinnen, glaubt Keindorf. Und warum solle es neben Schulen, die sich auf Sport oder Sprachen spezialisieren, nicht auch eine geben, die die Grundlagen des Handwerks vermittelt?

Die Rahmenbedingungen für eine solche Schulgründung seien sogar schon da: Das Berufs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer in Osendorf sei durch die rückläufige Zahl der Auszubildenden nicht ausgelastet. Dort könnte die Schule einzügig mit der fünften Klasse beginnend untergebracht werden. Offen ist jedoch: Wer finanziert die Schulneugründung? Sowohl Sponsoren sollen nun gesucht werden als auch Gespräche mit der Landesregierung wegen der Frage der Machbarkeit geführt werden.

Ist Gründung einer Handwerkerschule überhaupt genehmigungsfähig?

Ist die Gründung einer Handwerkerschule überhaupt genehmigungsfähig? Im Prinzip schon, sagt Stefan Thurmann, Sprecher des Landesbildungsministeriums. Dafür müssten jedoch wie bei allen anderen freien Schulen unter anderem ausgebildete Lehrer vorhanden und deren Finanzierung gesichert sein. Lehrinhalte dürften von denen der staatlichen Schulen abweichen: „Eine Sekundarschule mit dem Schwerpunkt Handwerk/technische Bildung wäre dem Grunde nach genehmigungsfähig“, so Thurmann. Dass es in Halle bereits mehrere freie Schulen gibt, sei kein Hindernis: Dafür gebe es keine zahlenmäßige Beschränkung.

Neben den staatlichen Schulen können Eltern ihre Kinder in Halle auf einer Vielzahl freier Schulen anmelden: Bereits seit 1991 wird am Elisabeth-Gymnasium in Trägerschaft einer katholischen Schulstiftung unterrichtet. Seit 25 Jahren gibt es die Montessori-Grundschule. Als Gesamtschule wurde die Saaleschule 2008 von einem Elternverein gegründet. Weiter gibt es die Bildungsmanufaktur, die freie Waldorfschule, die St. Franziskus-Grundschule und die St.Mauritius-Sekundarschule sowie die Erste Kreativitätsschule und die evangelische Grundschule.

Wahrscheinlich wäre dies die erste Handwerkerschule in Deutschland. Zumindest ist Frank Zopp, Pressesprecher des Zentralverbandes des deutschen Handwerks in Berlin, keine solche in Deutschland bekannt. Der Verband setze auf eine andere Initiative: Die Verbindung Gesellenbrief mit Abitur. „Dazu sind wir mit der Politik im Gespräch.“

Jüngste freie Schule in Halle ist die evangelische Grundschule

Die jüngste freie Schule in Halle ist die evangelische Grundschule, in der seit 2014 Unterricht läuft. „Eine Schulgründung macht einen Haufen Arbeit und es ist in den letzten Jahren auch schwieriger geworden“, sagt Melanie Holtemöller, die als Vorsitzende des Fördervereins die Gründung vorangebracht hatte. Das Hauptproblem sei, dass der Träger in den ersten drei Jahren keinerlei staatliche Zuschüsse bekommt und alle Kosten selbst tragen muss.

„Man braucht viel Ausdauer und Geduld“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen. Die evangelische Grundschule habe sich in Rekordzeit gegründet, sagt Holtemöller: „Von der Idee zur Eröffnung hat es drei Jahre gedauert.“ Man rechne normalerweise mit sechs bis zehn Jahren Vorlauf. (mz)