Schleiereule wäre fast erfroren Schleiereule wäre fast erfroren: Halles Wetterfrosch bewahrt Greifvogel vor Kältetod

Halle (Saale) - Glück im Unglück hatte am Sonntag eine Schleiereule. Ohne das beherzte Eingreifen eines engagierten Tierschützers hätte das Tier - wie alle Greifvögel unter Artenschutz stehend - keine Überlebenschance gehabt. Es wäre angesichts der klirrenden Kälte im Schnee verendet.
„Die Eule lag am Sonntagmorgen völlig entkräftet in meinem Garten im tiefen Schnee, atmete noch, aber kaum spürbar“, so Vogelretter Jurik Müller, vielen MZ-Lesern als prominenter „Wetterfrosch“ und Bauernregeln-Experte bekannt. Zunächst habe er gar nicht erkannt, wer oder was sich in seinen Garten verirrt hatte, so der promovierte Meteorologe. Doch schnell war klar: Hier musste sofort geholfen werden.
„Offenbar war die Eule zuvor von einem größeren Raubvogel angegriffen worden"
Mit einem Schneeschieber haben Müller und seine Frau Erzsébet die offenbar verletzte Schleiereule aus der Eiseskälte, die am Sonntagmorgen herrschte, ins Warme geholt. „Offenbar war die Eule zuvor von einem größeren Raubvogel angegriffen worden, der sie wohl als Beute angesehen hatte und ebenfalls fast reglos im Schnee gelegen hat“, erzählt Müller, der vermutet, dass es sich bei dem zweiten Greifvogel um einen Habicht gehandelt haben könnte. Nachschauen konnte Müller nicht - nach der Bergung der Schleiereule hatte sich der Raubvogel innerhalb weniger Minuten aus dem Staub gemacht.
Die Schleiereule indes wurde von seinen Rettern in eine Decke gehüllt und zum Aufwärmen in einen Karton gesetzt. Von einem Nachbarn, der im Vogelschutz aktiv ist, bekam Müller nicht nur den Tipp, das Tier langsam und „nicht direkt in Heizungsnähe“ aufzuwärmen, sondern auch einen Kontakt zum Verein Nature Support im sächsischen Gerichshain. Vereinsvorsitzender Jens Hörig, der sich seit 2017 für den Schutz der Raubvögel einsetzt und vor zwei Jahren den Verein ins Leben gerufen hat, betreibt gemeinsam mit rund 15 Gleichgesinnten aktiven Naturschutz und engagiert sich in der Greifvogelhilfe.
„Bei uns kann der Vogel zu Kräften kommen“
Sofort nach Müllers Anruf hatte sich Hörig auf den Weg nach Plößnitz, Müllers Zuhause, gemacht, um die Schleiereule abzuholen, da die Fütterung von Eulen laut Hörig für Laien problematisch ist. „Bei uns kann der Vogel zu Kräften kommen“, so Hörig, der gerade in strengen Wintern enormen Zulauf hat. Aber auch in trockenen heißen Sommern seien Greifvögel, vor allem in der Brut- und Aufzuchtzeit, gefährdet. „Pro Jahr päppeln wir etwa 85 Greifvögel aller Art auf“, so Hörig. Verletzungen durch Verkehrsunfälle und Mangelernährung seien die Hauptgründe, dicht gefolgt von Scheibenanflügen, zum Beispiel durch Sperber.
Zunehmende verglaste und verspiegelte Gebäude würden den blitzschnellen Jägern der Lüfte regelrecht das Genick brechen - Markierungen könnten sie davor bewahren, so Hörig. Greifvögeln könne zudem durch Schaffung von Lebensraum - den Bau von Ansitzen oder Nisthilfen in Scheunen - geholfen werden. Indes hat die Schleiereule aus Müllers Garten gute Chancen, bald in die Freiheit zu fliegen. „Aber erst, wenn es schneefrei ist“, so Hörig, der erwägt, die Eule an ihren angestammten Platz in Plößnitz zurückzubringen. (mz)