Schlechte Lernbedingungen an FörderschulenSchlechte Lernbedingungen an Förderschulen: Vater zeigt Bildungsminister an
Halle (Saale) - Die Kinder an Förderschulen könnten durch zu wenig Personal gesundheitliche Schäden davontragen.

Ein Vater aus Halle hat gegen Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) eine Strafanzeige wegen Beihilfe zur Körperverletzung erstattet. Grund sind die ihm zufolge drastisch verschlechterten Lernbedingungen für Kinder nach der Abordnung von pädagogischen Mitarbeitern an andere Schulen. Wegen des fehlenden Personals könne nicht ausgeschlossen werden, dass Schüler gesundheitliche Schäden davon trügen. Der Elternvertreter, der sich auf die Erfahrungen eines Aktionsbündnisses beruft, sieht Gefahr im Verzug
Neue Stellen für pädagogische Mitarbeiter sind vorgesehen
Staatsanwalt Klaus Wiechmann bestätigte, dass der Mann am Mittwoch sein Anliegen der Behörde in Halle vorgetragen habe. Man nehme die Vorwürfe ernst und werde die geschilderten Zustände jetzt prüfen. Ob und wann dann eventuell ein Ermittlungsverfahren folgen werde, ließ Wiechmann jedoch vorerst noch offen.
Zu der Anzeige gab es bislang keine Reaktion des Beschuldigten. Man habe davon einfach noch keine Kenntnis, hieß es im Bildungsministerium. Dennoch ließ der Vorstoß hallescher Eltern den Minister offenbar nicht kalt. Pressesprecher Stefan Thurmann: „Wir wollen die Probleme nicht aussitzen.“ So werde sich Tullner nun kurzfristig vor Ort ein Bild machen. Dazu wolle er bereits am kommenden Montag das Landesbildungszentrum für Körperbehinderte in Halle besuchen, um mit Lehrern, Schülern und Eltern ins Gespräch zu kommen.
Außerdem sei eine Visite in einer weiteren Bildungseinrichtung vorgesehen. Nach Auskunft des Bildungsministeriums sind im derzeitigen Haushaltsentwurf für das nächste Jahr neue Stellen für pädagogische Mitarbeiter vorgesehen. Zeitweilige Abordnungen, zu denen es in jüngster Zeit gekommen sei, begründete das Land mit Engpässen an anderen Stellen.
Tullner hatte Prüfung der Situation schon einmal zugesagt
Vorwürfe von Eltern körperlich- und geistigbehinderter Kinder wegen ministerieller Vernachlässigung der Förderschulen werden nicht zum ersten Mal laut. Dem Aktionsbündnis der Eltern von Kindern an Förderschulen sei es infolge Personalmangels schon zu Körperverletzungen gekommen. Außerdem würden bestimmte medizinische Leistungen nicht mehr erfolgen. Durch diese Unterlassungen sei möglicherweise die Gesundheit der Kinder gefährdet. Tullner hatte schon einmal die Prüfung der Situation zugesagt, wohl ohne konkrete Ergebnisse.
Kinder haben versucht, sich selber einen Katheder zu legen
Es gehe um mehrere Vorfälle, sagte Silva Preuß vom Eltern-Aktionsbündnis der MZ. Problematisch ist ihr zufolge etwa die Versorgung der Kinder, die nicht zur Toilette gehen können und auf einen Katheder angewiesen sind. In einigen Fällen hätten Kinder selbst versucht, sich Katheder zu legen und sich verletzt. In einem anderen Fall sei ein Kind, die an Epilepsie leidet, auf dem Schulflur zusammengebrochen, weil professionelle Hilfe ausblieb. Die Mutter einer Schülerin mit Diabetes habe einen Pflegedienst beauftragt, um ihre Tochter in der Schule zu betreuen.
(mz)