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„Geht nicht gibts nicht“ bei der „Halle Messe“ Scheidender Manager über Thomas Gottschalk und Firmenkultur

Der Historiker Jürgen Laubner managte 27 Jahre lang Events der „Halle Messe“. Im Ruhestand kehrt er zur Geschichtswissenschaft zurück.

Von Phillip Kampert Aktualisiert: 30.4.2021, 12:40
Jürgen Laubner vor der „Halle Messe“ in Bruckdorf. Hier war er 27 Jahre lang der Messe-Chef.
Jürgen Laubner vor der „Halle Messe“ in Bruckdorf. Hier war er 27 Jahre lang der Messe-Chef. (Foto: Steffen Schellhorn)

Halle (Saale) - Jürgen Laubner sitzt in der „Halle Messe“ und schaut Thomas Gottschalk zu. Es ist der 1. März 2008 und die „Wetten, dass..?“-Übertragung unterhält ein Millionenpublikum. Laubner aber kann sich nicht ganz entspannen. Als Objektleiter der „Halle Messe“ ist er verantwortlich für einen reibungslosen Ablauf - und der ist an diesem Abend ganz und gar nicht sicher.

„Wir hatten die Sendung und draußen tobte ein Sturm“, erinnert sich Laubner. Aus Sicherheitsgründen war sogar die Stadtwette in die Halle verlegt worden, aber es gab auch Stimmen, denen das nicht weit genug ging. Einige warnten davor, der Sturm könne das Hallendach abreißen. „Wir hatten alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen“, sagt Laubner und dennoch saß er angespannt auf den Rängen. Das Hallendach überstand den Abend und er kann sich heute, auf der Schwelle zum Ruhestand, mit einem Lächeln an die Aufregung erinnern.

„Es gibt in Deutschland nur drei Messestandorte, die nicht von der öffentlichen Hand mitfinanziert werden“

27 Jahre lang managte Laubner den Messestandort in Halle. Von Haus aus Historiker, verließ er Anfang der Neunziger seinen Posten an der Universität Halle und fasste in der freien Wirtschaft Fuß. Noch heute ist er von der unternehmerischen Unabhängigkeit der „Halle Messe“ begeistert: „Es gibt in Deutschland nur drei Messestandorte, die nicht von der öffentlichen Hand mitfinanziert werden - und wir gehören dazu!“

Es klingt hemdsärmelig, wie er die Firmenkultur beschreibt. Nur den Kunden verpflichtet, hätte er den Spielraum gehabt, Hindernisse für eine Veranstaltung effizient zu beseitigen: „Zahnschmerzen bei der Generalprobe? Dann organisieren wir auch den Zahnarzt.“ Das Motto seines Krisenmanagements: „Geht nicht gibts nicht.“

„Die Leute hielten mich für verrückt“

All diese Energie will er sich im - wie er es nennt - „Unruhestand“ bewahren, und zwar indem er zu seiner alten Leidenschaft für die Historie zurückkehrt. Tatsächlich gönnt er sich kaum eine Verschnaufpause: Kaum ist er aus dem Messebüro, muss er schon das Manuskript für sein neues Buch fertigstellen. In der Forschung zur deutschen Geschichte gibt es ein kleines Heft, auf das sich viel berufen wird. Es handelt sich um einen Quellenbericht, wer 1871 bei der Gründung des Deutschen Reiches in Versailles anwesend war, der allerdings schwer zugänglich war. Ein Missstand, der Laubners Problemlösungsdrang anstachelte. Er fand ein Originalheftchen aus dem 19. Jahrhundert und will die Quelle in den nächsten Monaten im Mitteldeutschen Verlag mit einem Vorwort neu herausgeben.

Wirklich untreu ist er der Geschichte aber nie gewesen. „Die Leute hielten mich für verrückt, weil ich nach der Arbeit noch dicke Bücher las. Aber für mich war das Entspannung“, sagt er. (mz)