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Saalekreis Saalekreis: Schreck am Nachmittag

14.02.2012, 16:15

Zappendorf/Kölme/MZ. - Die Erinnerungen an den Gebirgsschlag im Jahr 1996 sind bei Günter Bohmert sofort wieder da. Am Dienstagnachmittag dreht er in seinem Haus in Köllme (Saalekreis) einen Heizkörper auf, als plötzlich der Boden nachgibt. "Es fühlte sich so an, als ob einem nach einem Schlusssprung beim Sport die Knie einknicken", berichtet er kurz darauf. Instinktiv habe er auf die Uhr geschaut. Kurz nach 16 Uhr. Die Erschütterung dauert nur einen kurzen Augenblick.

Anders als 1996, als auch im nahen Halle zahlreiche Häuser wackelten, habe es keine horizontalen, sondern vertikale Bewegungen gegeben. Dass aber etwas Außergewöhnliches passiert sein muss, spürt auch sein Hund. "Der hat eine Minute laut gebellt." Er selbst habe noch einen lauten Knall gehört, wie von einem Flugzeug.

Einen dumpfen Knall haben auch viele Bewohner in Zappendorf gehört. "Unser Lehmhaus hat leicht gewackelt", sagt Familienbetreuerin Rita Usierenski, die gerade beim Kaffeetrinken ist. "Ich habe gedacht, dass eines der baufälligen Gebäude in der Nähe zusammengefallen ist." Vielen fährt der Schreck in die Glieder. "Meine Frau hat am ganzen Leib gezittert", berichtet Ortsbürgermeister Werner Witkowsky. "Es war hektisch. Die Einwohner haben sich gegenseitig angerufen, um zu erfahren, was eigentlich los ist." Einige Einwohner, wie der ehemalige Bergmann Walter Mertens, gehen zunächst von einem neuen Gebirgsschlag aus. Den aber schließt das Landesamt für Geologie und Bergwesen am frühen Abend aus. Auch Verletzte und Schäden habe es offenbar nicht gegeben, heißt es bei Polizei und Feuerwehr.

Die Suche nach der Ursache der Erschütterungen konzentriert sich zunächst auf das Kali-Grubenfeld in Teutschenthal. Nach Angaben der Sicherungsgesellschaft Grube Teutschenthal (GTS) hat das firmeneigene Messsystem die Erschütterung registriert. Man gehe aber davon aus, dass sich die Ursache dafür außerhalb des Grubenfeldes befindet, hieß es auf MZ-Anfrage. Eine Spezialfirma mit besonderer Technik werde nun auswerten, wo genau die Erschütterung stattgefunden habe. Wann die Ergebnisse vorliegen, ist unklar. Bergamt und Grubenbetreiber stehen nach den Erschütterungen in engem telefonischen Kontakt. Wenn Messgeräte der Überwachungstechnik keinen Aufschluss liefern, dann müsste die GTS in Abstimmung mit dem Bergamt "unter gewisser Vorsicht" in den Hauptschacht einfahren und versuchen, unterirdisch voran zu kommen und zu erkunden, ob sich etwas Auffälliges zeigt, sagt Uwe Schaar vom Landesbergamt. Das könne aber geraume Zeit in Anspruch nehmen. Wie schnell man vorankomme, könne nicht gesagt werden. Am Abend geht die Behörde noch von zwei möglichen Ursachen aus: einem zusammengestürzten Hohlraum in einem Salzstock oder im Altbergbaugebiet. Um Näheres zu erfahren, müssten aber alte, verfüllte Schächte in Augenschein genommen werden.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit ist der Wunsch nach Klarheit bei den Menschen in der Region groß. Schon vor fast genau vier Jahren, am 11. Februar 2008, haben Bewohner eine ähnliche Erschütterung erlebt. Die Ursache ist bis heute nicht gefunden. "Wir brauchen dringend eine Erklärung, für das, was gestern passiert ist", sagt Zappendorfs Bürgermeister Witkowsky.

Die Verunsicherung im Ort ist mit Händen zum Greifen. Nicht nur in Zappendorf, sondern auch im benachbarten Müllerdorf. Viele Menschen stehen nach den Erschütterungen am späten Nachmittag auf der Straße und diskutieren.

Günter Bohmert in Köllme erinnert sich unterdessen an eine Exkursion in die Grube Teutschenthal, an der er vor einigen Jahren teilgenommen hat. "Damals war der Eindruck des Gebirgsschlages aus dem Jahr 1996 bei allen noch sehr frisch", erzählt er. "Und dann hat man uns erzählt, dass so etwas wie 1996 hier immer wieder passieren kann."