"Rotschildt Bücher" in Halle "Rotschildt Bücher" in Halle : Wut auf die "Verramscher"

Halle (Saale) - In Halle verschwinden nach und nach die Antiquariate. „Rotschildt Bücher“ in der Großen Ulrichstraße ist einer der letzten zwei großen, verbliebenen dieser Läden in der Stadt. Als Hauptursache für die Entwicklung macht Eigentümer Per Jendrychik die Bücherverkäufe des Vereins „Freunde der Stadtbibliothek Halle“ aus.
Die gemeinnützige Organisation verkaufe gespendete Bücher deutlich unter Wert auf Basaren und an Flohmarkthändler weiter. „Der Verein macht uns Antiquaren die Geschäfte kaputt“, beklagt Jendrychik. Er sei nicht in der Lage, mit den „Verramschern“ mitzuhalten - die Bücher beim Verein „Freunde der Stadtbibliothek“ gehen zum größten Teil für einen Euro über den Tisch. Die Kundschaft vergleiche und würde am Ende natürlich dort kaufen, wo es am günstigsten sei. Im Gegensatz zu den „Freunden der Stadtbibliothek“ müsse er schließlich auch das Geld für Ladenmiete und Steuern aufbringen.
Unterstützung sozial Benachteiligter
Den Vorwurf, dass der Verein für den Niedergang der halleschen Antiquariate verantwortlich sei, weist der Vorsitzende Wolfgang Kupke entschieden zurück. „Dem Buchhandel geht es insgesamt leider schlecht. Der wichtigste Grund dafür sind nicht unsere Bücherangebote, sondern der Internethandel“, so der ehemalige CDU-Stadtrat.
Allerdings gibt Kupke zu, dass sein Verein mit seinen Bücherbasaren deutlich niedrigere Preise anbieten könne als die Antiquare. „Natürlich sind wir eine Konkurrenz“, sagt er. Allerdings würden es sich die Antiquare zu leicht machen, die Schuld einzig bei seinem Verein zu suchen. Schließlich sei das Geschäft für den Buchhandel ja schon seit langem schwierig.
Zudem verweist Kupke auf den guten Zweck seines Vereins. Die Einnahmen aus den Bücherverkäufen würden ausnahmslos für die Unterstützung der Stadtbibliothek verwendet. Beispielsweise für die Anschaffung neuer Medien oder für die Subventionierung des Mitgliedsbeitrags in der Stadtbibliothek für sozial Benachteiligte. Jeder Käufer eines Buches könne darum auch eine Spendenbescheinigung bekommen.
Bücher-Streit erreicht hallesches Rathaus
Die niedrigen Preise sind nicht der einzige Vorwurf, den Antiquar Jendrychik dem Verein macht. Durch die Spendensammlungen würde das Angebot an Büchern in Halle verknappt. Zumal aus Sicht von Jendrychek viele ehrenamtliche Helfer des Vereins den Wert dieser Literatur nicht erkennen könnten. „Rund die Hälfte der Bücher werden weggeworfen. Darunter sind namhafte Autoren und berühmte Werke“, so Jendrychik.
Kupke kann diesen Vorwurf überhaupt nicht nachvollziehen. „In den seltensten Fällen bekommen wir wertvolle Bücher“, sagt er. Bei den meisten Exemplaren handele es sich um DDR-Autoren oder um andere Literatur aus neuerer Zeit.
Viele dieser Bücher seien vollkommen wertlos und unverkäuflich. Die würden entweder entsorgt oder auf die halleschen Buch-Telefonzellen im Bergzoo und in Neustadt am Wochenmarkt verteilt. „Kein Antiquar kann mit dem Großteil unserer Bücher Geschäfte machen“, meint Kupke. Mittlerweile ist der Streit zwischen den Antiquaren und dem Freundesverein der Stadtbibliothek sogar schon im halleschen Rathaus angekommen. „Ich habe mich mehrfach bei der Stadtbibliothek und beim Oberbürgermeister beschwert“, sagt Jendrychek: Ergebnislos.
Aus dem Rathaus sei die Auskunft gekommen, dass man in diesem Fall nichts machen könne. Auch die Stadtbibliothek habe den Vorwurf, sie sei dafür zuständig, zurückgewiesen. (mz)