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Regionalgeschichte  Regionalgeschichte : Thilo von Trotha will Weltpolitik machen

Von Bernhard Spring 15.10.2016, 14:00
Vergoldetes Epitaph mit Thilo von Trothas Bild im Merseburger Dom.
Vergoldetes Epitaph mit Thilo von Trothas Bild im Merseburger Dom. Peter Wölk

Halle (Saale) - Ostern 1485, Burg Giebichenstein. Bischof Thilo von Trotha schreitet zu seiner wohl denkwürdigsten Handlung: Er weiht einen Mann von gerade einmal 21 Jahren zum Priester – viel zu früh nach kanonischem Recht. Doch der Anwärter ist nicht irgendwer: Ernst von Sachsen ist ein Prinz der Wettiner, die über das Kurfürstentum Sachsen herrschen. Und damit nicht genug: Mit politischem Druck und viel Geld, das gen Rom in die päpstlichen Schatullen wandert, besetzen einzelne Familienmitglieder wichtige geistliche Ämter – und steigern so ihren Einfluss im Reich.

Der ganz große Coup schien den Wettinern schon 1482 gelungen zu sein: Damals wurde Adalbert, ein nur 15-jähriger Bruder von Ernst, an die Spitze des Erzbistums Mainz gewählt. Der jugendliche Wettiner war fortan einer der sieben Kurfürsten, die den deutschen König bestimmten. Doch Adalbert starb bereits zwei Jahre darauf – ein herber Rückschlag für die ambitionierten Dresdener.

Priesterweihe in Giebichenstein

Nun muss es Ernst richten: Nach der Priesterweihe in Giebichenstein ist für ihn das Erzbistum Magdeburg vorgesehen. Damit dieser Karriere nichts im Weg steht, schicken die Wettiner ihren fähigsten Geistlichen als Patron ins Feld: Thilo von Trotha.

Der entstammt der im nördlichen Saalekreis ansässigen Adelsfamilie, die namensgebend für die 1900 nach Halle eingemeindete Ortschaft geworden war. Als Bischof steht Thilo zwar nur dem eher kleinen Bistum Merseburg vor, doch der kluge und politisch gewandte Geistliche fungiert als wichtiger Mittelsmann zwischen Papst und Kaiser. Für die Wettiner hat er deren Einheirat in das dänische Königshaus ermöglicht, zudem war er Taufpate von Ernsts Cousin Georg.

Eine steile Karriere

Nun ebnet er Ernst den Weg, weiht ihn zum Priester und ermöglicht so eine steile Karriere: Bis 1489 etabliert sich Ernst von Sachsen als Erzbischof von Magdeburg, zugleich steht er dem Bistum Halberstadt vor. Im Harz herrscht zur gleichen Zeit seine Tante als Äbtissin von Quedlinburg – seit ihrem zwölften Lebensjahr schon. Und in Merseburg residiert der ihm gewogene Bischof Thilo von Trotha.

Die beiden Kirchenfürsten verändern Mitteldeutschland: Ernst unterwirft die stolzen Hansestädte Magdeburg, Halberstadt und Halle seiner Herrschaft und vertreibt die Juden aus seinem Gebiet. Im ehemaligen Judenviertel von Halle errichtet Ernst die Moritzburg und macht sie zu seiner Residenz.

Bischof Thilo betätigt sich als Bauherr

Bischof Thilo betätigt sich ebenfalls als Bauherr: Das unter ihm erbaute Merseburger Schloss wird sein Herrschaftssitz. Thilo ist für eine umsichtige Finanzpolitik bekannt, steht regional in hohem Ansehen und gilt als früher Förderer der Leipziger Universität.

Beide Geistliche sterben nur wenige Monate nacheinander: Ernst im August 1513, womöglich an den Folgen der Syphilis, Thilo im damals hohen Alter von 70 Jahren im März 1415. Zuletzt musste der Bischof noch mit ansehen, wie sein politisches Werk zusammenbrach: Im erneuten Ringen um die Herrschaft in Magdeburg nach Ernsts Tod konnten sich die Wettiner nicht durchsetzen. Auf den Sachsen folgte ausgerechnet ein brandenburgischer Hohenzoller im Erzbistum Magdeburg.

Für seine eigene Familie verfolgte Thilo übrigens keinerlei machtpolitische Ambitionen: Weder versah er Verwandte mit Kirchenämtern noch bereitete er seine Nachfolge dahingehend vor. So blieb er der einzige von Trotha auf dem Merseburger Bischofsstuhl. (mz)