Quint Kellerman Quint Kellerman : Amerikaner kümmert sich um Exoten im "Roten Ross"

Halle (Saale) - Morgens um sieben am Check-in-Schalter in Ecuador. Möglicherweise nicht die willkommenste Tageszeit um abzureisen - oder um auf einen Militärflughafen ausweichen zu müssen, weil die Piste eine Auszeit braucht. Für Quint Kellerman war es ein Glück. Auch wenn es noch ganz anders aussah: Denn dem Amerikaner fehlten Ausreisepapiere. Im Dschungel hatte er Forschern den Weg gewiesen - samt Machete, um an schwierigen Stellen durch dicht bewachsenes Grün zu dringen. Unerwartet war dann auch auf der Rückreise Improvisation gefragt. Am Schalter traf er eine junge Hallenserin auf Weltreise, die ihn kurzerhand als ihren Verlobten ausgab, den sie in den USA heiraten wolle.
Das war 1997 - und der erste Schritt in ein gemeinsames Leben. Inzwischen haben Quint Kellermann und Grit Oblonczek längst geheiratet, sind Eltern zweier Töchter und haben sich in der Heimat der promovierten Physikerin niedergelassen.
Im „Roten Ross“ in Halle kümmert sich der 45-Jährige um das 2.500-Liter-Aquarium und zwei weitere kleinere Becken
Nachdem das Paar in seiner ersten Zeit in Halle in einem Geschäft unter anderem Wein und Käse verkauft hatte, haben beide schnell Fuß mit ihrer Berufung gefasst. Grit Oblonczek arbeitet in einer Firma für Ultraschallmesstechnik, Quint Kellerman ist seit elf Jahren Salzwasser-Aquarist im „Roten Ross“. Dort kümmert sich der 45-Jährige um das 2.500-Liter-Aquarium und zwei weitere kleinere Becken.
Hinter seiner Arbeit steckt dabei viel mehr als ein bisschen Scheiben putzen, Fische füttern und ab und an nachzusehen, ob die Tierchen noch munter hin- und herschwimmen. Quint Kellerman führt Mineralien zu, testet Wasser, führt vielerlei Kontrollen durch, achtet besonders auf die Korallen und ist jeden Tag damit beschäftigt, das Leben im Aquarium im Gleichgewicht zu halten: „In elf Jahren habe ich nicht einen Tag am Aquarium verpasst,“ sagt der Wahlhallenser. Selbst eine Knieoperation konnte ihn nicht davon abhalten, sofort wieder am Aquarium zu stehen.
Zur Unterwasserfamilie im „Roten Ross“ in Halle gehören Fischdamen und -herren
Zur Unterwasserfamilie im „Roten Ross“ gehören Fischdamen wie Anemonenfisch Sussie, Fahnenbarsch Tanja, der Kardinalbarsch Frau Lennigk oder auch Herren, die manchmal an prominente Gästen wie Wolfgang Winkler und Jaecki Schwarz erinnern. Namen tragen die Fische alle, die meisten von ihnen sind nach Mitarbeitern und den Hotel-Chefs benannt. So soll jeder animiert werden, zwischendurch einen Blick auf das Wohlbefinden in der Unterwasserwelt zu werfen.
Quint Kellermans Arbeit kann auch nervenaufreibender sein, als ihm lieb ist. Einmal hatte sich der Aquarist mit der Familie einen Musicalabend in Hamburg gegönnt. Am Morgen der Abreise noch ein kurzer Routinecheck, dann ging es los. Schon in Hamburg, kam plötzlich ein Anruf aus dem Hotel: Alarm im Becken. Erst kurz bevor sich die Türen zur Vorstellung vom „König der Löwen“ schlossen, konnte das Problem am Telefon gelöst werden: „Mit den Gedanken war ich trotzdem bei den Fischen“, sagt Quint Kellerman.
Der heimliche Star unter den Aquariumsbewohnern ist die Zebramuräne Howard. Ob der auffällig gestreifte Fisch nun divenhaft oder schüchtern ist: Zeigen möchte er sich nicht gern. Um ihn hervorzulocken, bedarf es schon Quint Kellerman. Wie er das macht, bleibt allerdings sein Geheimnis. (mz)