Energieversorgung Putin dreht den Gashahn zu: Das sagt Halles Stadtwerke-Chef zu den Folgen
Wie entwickeln sich die Gaspreise für Kunden der EVH? Ab wann wird eine ernste Lage zur Krise? Die MZ hat mit Matthias Lux gesprochen.

Halle (Saale)/MZ - In Deutschland kommen zwei Drittel weniger Erdgas aus Russland an, als vertraglich vereinbart. Das lässt die Preise an den Rohstoffmärkten weiter in die Höhe schnellen. Wie ist die Lage in der Stadt Halle? Drohen kurzfristig Engpässe? Die Antworten auf die Fragen lesen Sie hier:
Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Halle, Matthias Lux, sieht die Gasversorgung in der Stadt trotz der drastisch reduzierten Lieferungen aus Russland aktuell nicht in Gefahr. „Wir sind in der Lage, allen unseren Verpflichtungen nachzukommen“, sagte Lux am Freitag der MZ. Für die 100.000 Kunden der Stadtwerke-Tochter EVH, die Festverträge haben, sollen die Preise zudem stabil bleiben - „solange Russland nicht komplett den Gashahn zudreht“. Kunden mit variablen Tarifen müssen hingegen seit Juni 59 Prozent mehr zahlen, wie das Vergleichsportal Verivox meldete.
Für die Stadtwerke ist Erdgas existenziell wichtig. Der Rohstoff wird benötigt, um Strom und Fernwärme zu erzeugen. Alternativen etwa durch eine Umstellung auf Wasserstoff oder fossile Energieträger wie Kohle gibt es nicht. Am Freitag hatten die Stadtwerke die Schwimmhalle Saline zwei Wochen früher vom Netz genommen als ursprünglich geplant. „Das haben wir nicht aus Kostengründen getan, denn derzeit nutzen wir noch Erdgas, das wir vor Kriegsbeginn eingekauft hatten“, sagte Lux. Vielmehr wolle man einen Beitrag leisten, um Gas für den Winter zu sparen, damit die Speicher gefüllt werden können. Auch die Stadt Halle sucht bereits nach Sparpotenzial. Laut Bürgermeister Egbert Geier (SPD) werde man alle städtischen Gebäude auf ihre Energiebilanz überprüfen, „um zu sehen, wo wir handeln müssen“. Gleichzeitig rief Geier alle Einwohner auf, ebenfalls energiebewusster zu leben. „Auch die Bürgerschaft muss aktiv mithelfen, damit sich die Situation nicht verschärft. Im Moment ist wirklich jeder gefragt“, sagte er.
Die Stadtwerke haben bei der Gasversorgung Lieferverträge mit 53 Unternehmen abgeschlossen, darunter sind auch große Konzerne. 42 bis 50 Prozent des bislang nach Halle gepumpten Erdgases stammten zuletzt aus Russland. „Für diesen Anteil müssen die Lieferanten in die Ersatzbeschaffung gehen und massiv höhere Preise zahlen. Diese Kosten geben sie in einer Lieferkette nach unten durch“, hatte EVH-Chef Olaf Schneider gegenüber der MZ erklärt. Für dieses Erdgas, das ad hoc besorgt werden muss, gebe es mittlerweile Preisaufschläge bis zu 3.000 Prozent.
Von einer Krise will Lux dennoch nicht reden. „Eine Krise hätten wir dann, wenn gar kein Gas mehr aus Russland ankommt.“ Unklar ist zudem, wie sich die Preise entwickeln, wenn die langfristig geschlossenen Lieferverträge Ende 2022 auslaufen. Dann müssen auch jene 80.000 Haushalte, die an der Fernwärme angeschlossen sind, mit explodierenden Kosten rechnen.