Protest gegen Identitäre in Halle Protest gegen Identitäre in Halle (Saale): Wie ticken die Demonstranten?

Halle (Saale) - Die Teilnehmerzahl der Demonstration gegen die Identitäre Bewegung am Dienstag lag weit über der erwarteten. Wer die laut Schätzungen der Polizei rund 700 Teilnehmer an sich vorbeiziehen ließ, hatte minutenlang etwas zu sehen. Und konnte ganz verschiedene Gruppen erkennen, aus denen sich der Protestzug zusammensetzte.
Vorne der schwarze Block. Mit Sonnenbrillen, Kapuzen und Hüten hinter ihren Transparenten so weit vermummt, wie die Polizei das zuließ. In der Mitte junge Leute, einige mit Dreadlocks und gefärbten Haaren. Und hinten sogar Familien mit Kindern und auch ältere Teilnehmer.
Wer sind die unterschiedlichen Gruppen, die mitlaufen? Was treibt sie an? Ein 29-Jähriger lief einen Teil der Strecke im Umfeld von Studenten mit und berichtet der MZ aus dem Kern der Demo - anonym. Das ist die Bedingung.
Demo gegen Identitäre Bewegung in Halle (Saale): Wer läuft da eigentlich mit?
Grob lasse sich bestätigen, was bei vielen Demonstrationen auffällt: Vorne laufen die Extremen mit, nach hinten werde der Protest bürgerlicher. Dass Eltern weiter hinten ihre Kinder mitnehmen, will er nicht kommentieren und reagiert mit einer Gegenfrage: „Wie ist das denn, wenn Eltern ihre Kleinkinder taufen lassen?“
Er selbst nehme seine Tochter nicht mit auf Demos, weil er keinen Nutzen darin sehe. „Aber verteufeln würde ich das auch nicht.“ Der junge Mann, der in Halle studiert und in Leipzig lebt, sieht sich nach eigenen Aussagen nicht als idiologischer Kämpfer. So schätzt er auch einen Großteil der Studenten ein, die am Dienstag mitgelaufen sind. „Organisiert sind die wenigsten“, meint er. Die Mobilisierung laufe viel mehr über den Freundeskreis.
Demo gegen Identitäre Bewegung in Halle (Saale): Mobilisiert wird per Handy
Er selbst habe am Dienstagmorgen das Transparent am Haus der Identitären gesehen und in einer Whats-App-Chatgruppe auf dem Smartphone gefragt, was es damit auf sich habe. „Dann wurde geschrieben: ,Komm vorbei. Heute um 18 Uhr gibt es eine Demo.’ Und dann bin ich halt hingegangen“, so der Student.
Die Gruppe, die mitlaufe, sei nicht homogen. Es gebe Teilnehmer, die ehrlich offen für Gespräche sei, aber auch welche, die sich niemals überzeugen ließen. „Und es gibt auch Verfassungsfeinde.“
„Kick them out“: Motto der Demo gegen Identitäre Bewegung in Halle (Saale) grenzwertig?
Das Motto „Kick them out“, zu Deutsch „tretet“ oder „schmeißt sie raus“, finde er selbst schwierig, weil es eine große Angriffsfläche biete. Wenn in Parolen zu Gewalt aufgerufen werde oder der Wunsch nach der Abschaffung Deutschlands - was auch immer das bedeuten möge - laut werde, stimme nicht jeder Teilnehmer mit ein.
Ob die Sprüche ernst gemeint oder nur Folklore sind? „Etwas dazwischen. Die Parolen werden anders ausgelegt.“ Seine Meinung nach sei ein Teil auch als Ironie zu werten. Wie viele Demo-Teilnehmer die Parolen nicht ernst meinen, lässt sich freilich nicht abschätzen.
Für ihn persönlich gelte: „Gewalt ist keine Lösung aber mein Mitleid hält sich in engen Grenzen, wenn ein Nazi auf die Fresse kriegt.“
Demo gegen Identitäre Bewegung in Halle (Saale) blieb friedlich
„Auf die Fresse“ hat nach Angaben der Polizei am Dienstag übrigens niemand gekriegt. Es sei allerdings ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet worden, da durch einzelne Teilnehmer gegen das Vermummungsverbot verstoßen worden sei, so eine Polizeisprecherin. Weitere Straftaten seien bislang nicht bekannt geworden. (mz)