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Pilotentraining Pilotentraining: Der Traum vom Fliegen

Von Kathleen Bendick 15.10.2013, 13:21
Öltemperatur, Flughöhe oder Flugrichtung: Um sicher durch Wolken zu fliegen, muss ein Pilot die Instrumente lesen können.
Öltemperatur, Flughöhe oder Flugrichtung: Um sicher durch Wolken zu fliegen, muss ein Pilot die Instrumente lesen können. Günter Bauer Lizenz

Lieskau/MZ - Es war das Jahr 1978, als Sigmund Jähn als erster Deutscher ins All flog. Fast jeder Junge wollte fortan Raketen besteigen, auch Enrico K. Für den damals Achtjährigen war klar: „Ich will Astronaut werden.“ 2 000 Flugstunden und 4 000 Landungen später hat es der heute 42-Jährige zwar nicht ins All geschafft, dafür ist er Berufspilot geworden, fliegt Prominente durch die Welt und schult Piloten. Seit kurzem dürfen nun auch Privatleute in seinem Cockpit in der eigens dafür angemieteten Wohnung das Steuer übernehmen.

Alarm im Cockpit

Rund geht es im beschaulichen Lieskau schon eine ganze Weile. Alle zwei Wochen ziehen Gewitter auf, Turbinen brennen, Notlandungen werden trainiert. Ins Schulungszentrum von Enrico K. kommen seit Jahren Piloten aus aller Welt, die ein Turboprop-Flugzeug vom Typ Piper Cheyenne steuern wollen. Dass er seinen Beruf nun zeitweise an einem Computer ausübt, liegt an seinem Familiensinn. „Der Job ist nicht gerade familienfreundlich. Man fliegt nachts und ist tagelang von zu Hause weg. Es gibt wenige Berufspiloten, die eine stabile Beziehung haben. Das wollte ich ändern.“

Jahrelang lebte Enrico K. rund um die Uhr nur für den Beruf. Die Entscheidung Kollegen in Lieskau zu schulen hat er auch für sein drei Jahre altes Kind getroffen. Und, weil hier mal eine Autobahn langführen soll.

Nur noch zwei Wochen im Monat ist er seit der Geburt seines Kindes in Berlin. Von dort fliegt der gebürtige Hallenser für eine Gesellschaft, bei der Privatpersonen Flugzeuge chartern können. Wie im Film „Pretty Woman“ kann hier ein Richard Gere den Piloten Enrico K. buchen, um Julia Roberts in die Oper zu entführen. Er wartet dann vor Ort, um das Paar zurückzubringen. „Alle, die man aus dem Fernsehen kennt, waren schon bei mir an Bord“, sagt der Flieger. Ein Traumjob, so klingt es. „Aber mit wenig Zeit für die Familie.“ Die anderen zwei Wochen des Monats verbringt der Kapitän deshalb in Lieskau mit dem Simulatorentraining. Was für Profis wirklich nur reine Übung ist, wird dem Privatmenschen das Weltbild verändern: Fliegen ist Schwerstarbeit. Wer noch nach Eintritt ins Flugstudio glaubt, fliegen kann man täglich am Computerbildschirm üben und dann durchstarten, der irrt. Auch zum Aus-dem-Fenster-Schauen bleibt keine Zeit. Flughöhe, Neigungsgrad des Flugzeugs und Geschwindigkeit - alles muss ein Pilot im Auge behalten. Die Simulator-Software hält sich an die Realität.

Nichts für schwache Nerven

Wer ungelernt in die Wohnzimmer-Cheyenne steigt, kommt mit Muskelkater und schwirrendem Kopf wieder raus. Hohe Konzentration und Kraft in Armen und Beinen braucht es, um die Maschine in die Luft und sicher wieder auf den Boden zu bringen. Originalbauteile und moderne Steuerungsdrucksysteme verlangen dem Piloten auch im Spaßflug alles ab. Passt man nicht auf, schrillt der Alarm. Die Maschine taumelt. „Ein Pilot könnte ohne die Fähigkeit, Instrumente lesen zu können, keine 90 Sekunden in einer Wolke überleben“, so Enrico K. Deshalb muss ein Profi auch diese Ausbildung machen und regelmäßig zur Nachschulung gehen.

Und der Laie? Der kann einfach nur genießen. Fliegen macht glücklich. Mit K.s Hilfe schafft jeder Bruchpilot eine sanfte Landung: „Die Maschine kurz vor dem Boden noch mal leicht nach oben ziehen, das ist die Kunst“, wird der Lieskauer Lehrer dann ins Ohr flüstern. Der Applaus der Passagiere bleibt zwar aus. Die Faszination über die Technik entschädigt dafür. „Die Begeisterung der Laien ist der Hauptgrund gewesen, warum ich mich entschieden hab, den Simulator für Nichtpiloten zu öffnen“, sagt Enrico K., der irgendwann mal einen Freund ans Steuer ließ. „Der war so begeistert, dass daraus die Idee zu den Spaßflügen entstand. Jeder Laie erinnert mich immer an meinen ersten Flug, ganz allein in der Maschine ohne Fluglehrer. Diese Freude vergisst man nicht.“

Das erste Mal allein flog Enrico K. bei der NVA. Er war 19, noch in der Ausbildung, als die Mauer fiel. Dann war es vorbei. „Ich dachte, ich werde nie wieder fliegen können.“ Es kam anders.

Wer das Steuer selbst einmal in die Hand nehmen will, findet unter www.flugsimulator-erlebnis.de alle Infos zum Flugsimulator in Lieskau.