Bandansage statt Mensch Personalnot: An Halles Grundschulen fehlen Sekretärinnen

Halle (Saale) - Es klingelt mehrmals vergeblich. Dann ein Knacken. Es ertönt eine Bandansage: „Grundschule Büschdorf. Guten Tag. Unser Sekretariat ist montags und donnerstags besetzt.“ Anfragen könnten an diesen Tagen von 6 bis 14 Uhr gestellt werden. Krankmeldungen sollen nach dem Signalton unter Angabe des Namens des Kindes erfolgen. Derartige Bandansagen sind für viele Eltern in Halle Normalität. Denn nur zehn von 32 Grundschulen in Halle haben an jedem Wochentag eine Sekretärin. Bei den übrigen bleibt das Sekretariat an mindestens zwei Schultagen unbesetzt. Dann übernimmt oft der Anrufbeantworter den Telefondienst.
Die schlechte Erreichbarkeit ist jedoch nur eines von vielen Problemen, dass die fehlenden Sekretärinnen für die Schulen bedeuten. „Sekretärin ist ein harter Job“, sagt eine Schulleiterin. Ihre Kollegin Kerstin Horlbog, Leiterin der Grundschule Diesterweg, führt aus, was das in der Praxis bedeutet. „Sie kümmert sich morgens um Krankmeldungen, informiert Eltern, wenn es den Kindern schlecht geht, versorgt Verletzungen.“ Hinzu kommt natürlich auch die bürokratische Arbeit.
Keine Sekretärinnen: Viele Aufgaben bleiben liegen
Viele Aufgaben bleiben an Tagen ohne Sekretärin liegen oder an den Schulleitern hängen: „Man ist mittlerweile Sekretärin, Hausmeister, Mädchen für alles. Manchmal weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht“, berichtet Horlbog, die zudem 17 Stunden pro Woche selbst unterrichtet. Ihre Sekretärin teilt sie sich mit der Lessingschule. Zwei Tage ist sie hier, zwei dort. Freitags wird wöchentlich gewechselt.
Ein Zustand, den die Schulleiterin, wie viele ihrer Kollegen für nicht hinnehmbar hält: Sie fordern, dass zumindest in den Kernzeiten am Vormittag täglich eine Sekretärin vor Ort ist.
Dieser Wunsch könnte sich bald erfüllen. Im Rat gibt es eine fraktionsübergreifende Initiative, die Zahl der Sekretärinnen zu erhöhen. Dafür müsste der Bedarfsschlüssel verändert werden. Derzeit richtet sich die Zuweisung der Sekretärinnenzeiten nach der Schülerzahl. Deshalb haben kleine Schulen meist nur eine halbe Kraft.
Grünen-Stadträtin Melanie Ranft: „Jede Schule braucht jeden Tag eine Sekretärin“
„Jede Schule braucht jeden Tag eine Sekretärin“, findet jedoch Grünen-Stadträtin Melanie Ranft. Man habe sich deshalb in anderen Kommunen umgeschaut, wie die den Einsatz regeln. Fündig geworden sei man in der Landeshauptstadt. Dort richtet sich die Stundenzahl der Sekretärinnen nach der Zügigkeit, also der Anzahl von Klassen pro Jahrgang. Einzügige Schulen haben 25 Stunden ein Anrecht auf eine Sekretärin, zweizügige 30, dreizügige 35- und vierzügige 40.
Diesen Verteilungsschlüssel wollen die Räte nun auch für Halle einführen und das bereits zum kommenden Jahr. Einen entsprechenden Antrag von Grünen, SPD und Linke behandelt am Donnerstag der Finanzausschuss. Auch CDU und Mitbürger wollen sich dem anschließen.
Unterschiedliche Meinungen zum Persaonalbedarf
Für den Bildungsausschuss hat die Verwaltung bereits berechnet, was die nun angestrebte Lösung praktisch bedeuten würde: zwölf zusätzliche Vollzeitstellen. Im Antrag wollen die Räte nun sogar eine Verdopplung auf 30,4. Die sind jedoch eine rechnerische Größe. Da bei Umsetzung des Schlüssels viele Sekretärinnen in Teilzeit arbeiten würden, wäre der reale Personalbedarf höher. Wie hoch und was die zusätzlichen Stellen Kosten würden, dazu äußert sich die Stadt eher verklausuliert: „Die Haushaltssituation der Stadt hat sich stabilisiert. Ziel ist es, in jeder Schule wieder eine Schulsekretärin einzusetzen. Darüber wird der Oberbürgermeister mit dem Stadtrat im Rahmen der Diskussion zum Haushalt 2017 beraten“, antwortet Sprecher Drago Bock.
Das klingt nach grundsätzlicher Zustimmung. Die Erfolgschancen des Antrags stehen gut. Schwieriger könnte die Umsetzung werden, fürchtet Ulrike Wünscher: „Selbst wenn die Stellen ausgeschrieben werden, wird es nicht genügend Bewerber geben“, prognostiziert sie. Der Job sei schlecht bezahlt und eben nur stundenweise. Ranft ist da optimistischer: „Ich denke, dass wir die Stellen besetzen können.“
Vorerst nicht umgesetzt, wird die im Vorfeld zwischen den Fraktionen diskutierte Variante, das Magdeburger Modell gleich auf alle Schularten anzuwenden. Allerdings ist das Problem an den meist deutlich größeren weiterführenden Schulen nicht so akut. Lediglich bei zwei Sekundarschulen ist das Sekretariat planmäßig nicht täglich besetzt. (mz)