Peißnitzhaus in Halle Peißnitzhaus in Halle: Einstiges Pionierhaus als Mekka für Familien

Halle (Saale) - Rund um das Peißnitzhaus ist bei schönem Wetter das ganze Jahr über viel los. Dank des Peißnitzhausvereins gibt es dort vielfältige Veranstaltungen. Vor allem Kleinkunst in allen Facetten kann der Besucher erleben. Das Gartenlokal ist meist gut gefüllt. Während sich die Kinder im Sandkasten tummeln, können die Eltern entspannen und Freunde treffen. Das Peißnitzhaus ist eins der angesagtesten Ausflugsziele der Stadt, ein wahres Mekka für Familien und Radler.
Das Peißnitzhaus selbst ist derzeit eine riesengroße Baustelle. Viel wurde bereits geschafft, doch ein Ende ist noch nicht absehbar. „Als nächstes sollen Dach und Fassade drankommen“, sagt Roland Gebert, Vorsitzender des Peißnitzhausvereins. Das will der Verein gemeinsam mit der Stadt Halle stemmen. „Die Stadt ist gerade dabei, alles für einen Baustart vorzubereiten“, sagt Gebert.
Holzbalken sind oder waren so morsch und zerfressen, dass deren Stützfunktion nicht mehr gegeben war
Dass das Dach bislang noch nicht in Angriff genommen wurde, obwohl es immer heißt, wenn man ein Gebäude saniert, sollte man zuerst das marode Dach sanieren, hat einen ganz besonderen Grund. Viele der verbauten Holzbalken sind oder waren so morsch und zerfressen, dass deren Stützfunktion nicht mehr gegeben war, sie in der Luft hingen. Eine Reihe der Holzbalken ist deshalb nun schon erneuert.
Auch in den anderen Etagen hat sich viel getan. „Das Untergeschoss ist zu 80 Prozent fertig“, erklärt Gebert. Dort hat beispielsweise kürzlich schon eine Tagung mit Sachsen-Anhalts Landwirtschafts- und Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) stattgefunden, in der Anbieter umweltpolitischer Bildung aus der Region zusammenkamen, ihre Projekte vorstellten, zu Finanzierungs- und Vernetzungsfragen diskutierten. Im Untergeschoss fehlen jetzt noch Teile der Fußbodenheizung und Elektrik.
Arkaden am Peißnitzhaus nach 84 Jahren wieder geöffnet
Im vergangenem Jahr konnten durch Fördermittel die Arkaden nach 84 Jahren wieder geöffnet werden. Bei Überflutung kann das eingedrungene Wasser so schnell abfließen. Das Mobiliar im Untergeschoss ist übrigens wasserfest. Im Erdgeschoss ist der kleine Kultursaal im Rohbau fertig. Dort soll ein Integrationsbetrieb Gastronomie einziehen. „Wir wollen dort Arbeitsplätze für Menschen mit und ohne Handicap schaffen“, so Gebert. Und wer im ersten Stockwerk im einstigen Saal des Hauses steht und die schöne historische Holzdecke sieht, der kann schon mal davon träumen, wie der Saal wieder aussehen wird.
Die Pläne des Peißnitzhauses, das einst ein provisorisches Wirtshaus ersetzen sollte, hatte Architekt Anton Kreke am 1. März 1892 dem Stadtrat vorgelegt, der sich Ende 1891 für den Bau eines großen Restaurationsgebäudes entschieden hatte. Der Bau ging zügig voran. Schon im Juni 1892 war das Erdgeschoss fertig, im Frühjahr 1893 der gesamte Bau vollendet und zum Osterwochenende am 1. April eingeweiht worden. Eine wahre Völkerwanderung soll es damals zum neuen Gebäude gegeben haben, berichtete die Saalezeitung.
1903 wurde südlich die Kolonnade angebaut
1903 wurde südlich die Kolonnade angebaut. Die Nutzung wechselte mehrfach: Unter anderem wurde das Haus 1934 Heim für die Hitlerjugend. Dabei kam es zu Umbauten. 1945 wurde es dann Antifa-Internatsschule, 1947 ging es an die sowjetische Besatzungsmacht und wurde schließlich 1950 Pionierhaus.
Der Peißnitzhausverein hatte sich im Jahr 2003 gegründet und kümmert sich seitdem um das Gebäude, das zuvor zehn Jahre lang leer gestanden hatte. Zuerst beräumten die Vereinsmitglieder das Haus. Rund 100 Kubikmeter Schutt und Müll holten sie aus dem Haus und den Nebengebäuden. Der Verein, der mit 15 Mitgliedern seine Arbeit aufgenommen hatte, wuchs zu einem stattlichen Verein, der heute 255 Mitglieder zählt.
Und nicht nur das: Neben dem Verein gibt es auch eine gemeinnützige Genossenschaft, die durch die Anteile der Mitglieder ebenfalls Eigenkapital für die Sanierung generiert. „Mittlerweile gibt es 115 Genossenschaftsmitglieder“, so Gebert. Unter ihnen sind auch Prominente. Gebert freut sich über jedes neue Mitglied.
Mehr als zwei Millionen Euro sind seit der Vereinsgründung bereits in die Sanierung des Peißnitzhauses geflossen. Wenn jetzt Dach und Fassade in Angriff genommen werden, sind es erneut 1,15 Millionen Euro. Unterstützung bekommt der Peißnitzhausverein in diesem Sommer übrigens von den freireisenden Gesellen, die jedes Jahr auf einer gemeinnützigen Sommerbaustelle arbeiten - vom 21. Juli bis zum 20. August.
