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Paul Biedermanns langjähriger Coach Paul Biedermanns langjähriger Coach: Frank Embacher verklagt Schwimmverband

Von Petra Szag 05.01.2017, 08:00
Bei der WM 2015 in Kasan hat Trainer Frank Embacher Weltrekordler Paul Biedermann noch einmal zu Bronze geführt.
Bei der WM 2015 in Kasan hat Trainer Frank Embacher Weltrekordler Paul Biedermann noch einmal zu Bronze geführt. dpa

Halle - Die Ansprache war kurz, aber nicht schmerzlos. Am Montagabend trat Frank Embacher in der Schwimmhalle in der Koch-Straße vor seine Trainingsgruppe und erklärte seinen Schützlingen, dass er ab sofort nicht mehr für ihre sportliche Weiterentwicklung zuständig sei. Nachrichten wie diese tun weh. Doch der Deutsche Schwimmverband (DSV), so teilte der 52-Jährige mit, habe seinen am 31. Dezember ausgelaufenen Vertrag nicht verlängert.

Damit ist der diplomierte Trainer arbeitslos. Der Mann, der in den zurückliegenden Jahren Paul Biedermann und Daniela Schreiber, Theresa Michalak, Stefan Pohl oder Torsten Spanneberg zu 75 internationalen Medaillen, fünf Weltrekorden und 87 deutschen Meistertiteln geführt hatte, ist nach 23 Jahren am Stützpunkt in Halle seinen Job los.

Frank Embachers Schützlinge sind geschockt

„Das hat sich in dem Moment schon angefühlt wie ein Schlag in die Magengrube“, erzählt Marek Ulrich, eines der größten Talente aus Embachers bisheriger Trainingsgruppe. Daran ändert auch nichts, dass ihr Coach versichert hat, sein Aus nicht einfach hinnehmen zu wollen. „Ich werde kämpfen für all das, was ich seit 1993 hier mit aufgebaut habe“, versprach Embacher, „für den Erhalt des Bundesstützpunktes in Halle, für meine Trainingsgruppe und für meine Stelle. Ich werde kämpfen für mein Recht.“

Gegenüber der MZ bestätigte Frank Embacher, dass er sich juristischen Beistand geholt und Klage eingereicht hat gegen seinen bisherigen Arbeitgeber. Da das Verfahren läuft, hält er sich in der Öffentlichkeit bedeckt. Doch wie sehr Embacher die Ausbootung menschlich trifft, ist dem Trainerfuchs anzumerken. An Heiligabend, so berichtet er, erhielt er den Brief, in dem der DSV ihm mitteilt, auf „meine, durch mich angebotene Arbeit ausdrücklich zu verzichten“. Was für eine Ironie: „Zwei Tage vorher bekomme ich noch beste Weihnachtsgrüße vom DSV.“

Bis zu diesem Zeitpunkt war Embacher davon ausgegangen, dass die Verlängerung seines Arbeitsvertrages zumindest für die nächsten zwölf Monate eine Formsache sei. Die vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem ersten Geldgeber des deutschen Sports, dem Bundesinnenministerium, angestrebte Leistungssportreform und die damit verbundene Neustrukturierung der Fachsparten greift nämlich erst ab 2018. 2017, so wurde es in Sportkreisen propagiert, gilt als Übergangsjahr. „Mit dem Bundesministerium des Innern ist deshalb vereinbart, dass die aktuell anerkannten Bundesstützpunkte des olympischen Sommersports um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2017 verlängert werden.“ Dies hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand bereits im November schriftlich mitgeteilt, als der sich nach dem Fortbestand speziell der Bundesstützpunkte Schwimmen und Rudern in seiner Stadt erkundigt hatte.

Das Geld fließt also vorerst weiter. An fehlenden Finanzen kann demnach Embachers Rausschmiss nicht festgemacht werden.

Der Deutsche Schwimmverband will sich nicht erklären

Also warum dann? Antwort darauf können nur die Verantwortlichen des DSV geben. Embachers bisheriger direkter Vorgesetzter Henning Lambertz war für die MZ nicht erreichbar. Nach seiner Erkrankung im Dezember befindet sich der Chefbundestrainer im Urlaub. Per WhatsApp teilte er mit, erst ab 9. Januar erreichbar zu sein. Dafür reagierte DSV-Präsidentin Gabi Dörries am Mittwoch auf eine MZ-Anfrage. Die Botschaft: „Der Verband wird sich zu dem laufenden Prozess nicht äußern.“

Auf später vertröstet wurde erst einmal auch der Landessportbund Sachsen-Anhalt. Dessen Leistungssportdirektor Torsten Kunke hatte beim DSV eine Begründung für die Nichtverlängerung der Verträge erfragt - beim SCM in Magdeburg teilt Thomas Ackenhausen Embachers Schicksal. Und: „Nicht nur bei den Trainerverträgen, auch in der Standortfrage herrscht immer noch keine Klarheit“, sagt Kunke.

Beim DSV scheint noch keine Entscheidung gefallen, ob künftig - neben Essen, Heidelberg, Hamburg und Berlin - der Doppelstandort Halle/Magdeburg oder Potsdam den Status Bundesstützpunkt erhält. „Es hat noch kein klärendes Gespräch gegeben“, sagt Kunke. Neuer Termin sei der 31. Januar.

Und wie geht es nun weiter? Embachers Trainerkollegen hoffen auf eine schnelle Klärung des arbeitsrechtlichen Streits zugunsten ihres Chefcoaches. Bis dahin werden sie den Übungsbetrieb nach den bewährten Plänen weiterführen. Auch die Sportler, das versichert der mehrfache JEM-Medaillengewinner Marek Ulrich, wollen voll mitziehen. Obgleich der ganze Hickhack ihnen doch augenscheinlich an die Nieren geht.

(mz)