1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Oliver Stoll: Oliver Stoll: Sportpsychologe mit der Lizenz zum Gewinnen

Oliver Stoll Oliver Stoll: Sportpsychologe mit der Lizenz zum Gewinnen

Von Sandy Schulze 26.06.2016, 10:00
Der Sportpsychologe Oliver Stoll auf dem Campus Heide Süd. Zusätzlich zu Lehre und Forschung betreut der Professor Einzelathleten  und Mannschaften, zuletzt unter anderem  die Handballerinnen des HC-Leipzig. 
Der Sportpsychologe Oliver Stoll auf dem Campus Heide Süd. Zusätzlich zu Lehre und Forschung betreut der Professor Einzelathleten  und Mannschaften, zuletzt unter anderem  die Handballerinnen des HC-Leipzig.  Holger John

Statt beim Training muss der leidgeplagte Profisportler auf der berüchtigten Couch schwitzen - zu Fragen, die tief in seinem Innenleben bohren. So das Klischee, das der Sportpsychologe Oliver Stoll nur zu gut kennt. Dass sich diese Wahrnehmung in den vergangenen Jahren geändert hat, hat der Professor an der MLU auch dem Fußball zu verdanken. „Als Jürgen Klinsmann damals zur WM in Deutschland einen Sportpsychologen ins Team geholt hat, war das für die Öffentlichkeit eine Initialzündung,“ sagt Oliver Stoll.

Wenn der gebürtige Hesse Profi-Mannschaften wie die Handballerinnen des HC Leipzig oder auch Einzelathleten wie Falk Cierpinski betreut, dann ist er ganz nah dran am Sport. Dort, wo er gerade am meisten gebraucht wird, wenn es um Fragen wie Teamentwicklung, Versagen unter Druck oder Motivation geht - oder um Heimweh, wenn junge Nachwuchstalente in eine Mannschaft integriert werden. Und um Zweifel, wenn sich Athleten auf ein Leben nach dem Karriere-Ende vorbereiten.

Betreuung von Athleten

Die Betreuung von Athleten übernimmt der 53-Jährige neben Forschung und Lehre. Der Masterstudiengang Angewandte Sportpsychologie, den er an der Uni in Halle leitet, wurde von ihm entwickelt. „Die Idee habe ich aus den USA mitgenommen. In Deutschland gab es zwar schon Sportpsychologen, aber nur wenige Anwender“, erklärt Stoll, der Ende der 1980er Jahre in South Carolina studiert hatte. Als der Studiengang 2008 an den Start ging, war der Wissenschaftler gerade in Peking, um die Nationalmannschaft der Wasserspringer bei den Olympischen Spielen zu betreuen.

Seine eigene Liebe zum Sport begann früh. Als Fünfjähriger stand er in seiner Heimat Bad Nauheim beim Eishockey auf den Kufen, später kam er zur Leichtathletik und zum Ausdauersport. Nach dem ersten Marathon 1984 in Berlin stand er vier Jahre später vor seiner größte sportliche Herausforderung: Der Ironman Hawaii mit 3,86 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Als das große Ziel geschafft war, kam auch die Krise. „Ich hatte danach kein Ziel mehr“, sagt er heute.

Ironman-Schnappschuss

Statt Sport bestimmte Arbeit seitdem das Leben. Bis vor vier Jahren eine seiner Studenten in seinem Büro fragend vor einem Sportfoto stand. „Sind das wirklich Sie?“ Inzwischen hatte er einiges an Gewicht zugelegt, die Form vom Ironman-Schnappschuss lag schon eine Weile zurück. „Und Sie machen jetzt nichts? Das geht nicht,“ hatte die Studentin so lange gesagt, bis sich der Professor schließlich aufs Rad schwang. Ein Blick genügt ins Büro, um zu sehen, wie die Sportgeschichte weiterging: Über der Heizung hängt ein Handtuch, auf dem Teppichboden davor steht ein Paar Laufschuhe ordentlich aneinandergereiht. Inzwischen hat der Professor unter anderem 72 Kilometer beim Rennsteig-Lauf zurückgelegt und sich einen weiteren großen Traum erfüllt, die 100 Kilometer von Biel, einer der ältesten Ultraläufe Europas.

„Nicht der Umfang tötet, sondern das Tempo“, sagt Stoll. Um Bestzeiten geht es ihm deshalb längst nicht mehr. Im August steht die nächste große Laufveranstaltung in den Alpen an. Zum Training läuft er oft mit seiner Lebensgefährtin Frauke „Wir sind beide Sportfreaks“, sagt der Professor. Bei den Spielen der National-Elf kann er seinen Beruf dieser Tage ganz ausblenden. „Sportpsychologisch ist die Mannschaft mit Hans-Dieter-Hermann in besten Händen.“ (mz)