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Nach schwerem Verkehrsunfall Nach schwerem Verkehrsunfall: War es doch Fahrerflucht von Sebastian Striegel?

Von Alexander Schultz 16.09.2016, 14:00
Blick auf die Unfallstelle an der Auffahrt zur A14.
Blick auf die Unfallstelle an der Auffahrt zur A14. Ronny Weber

Halle (Saale) - Überraschende Wendung bei den Ermittlungen gegen den halleschen Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel (Grüne). Wie der Sprecher des für die Ermittlungen zuständigen Polizeireviers Salzlandkreis, Marco Kopitz, am Freitag der MZ bestätigte, wurde gegen den 35-jährigen Politiker aus Halle „inzwischen ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens von der Unfallstelle eingeleitet.“

Dies ist dahingehend überraschend, als dass bislang nicht wegen Fahrerflucht, sondern nur wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt wurde. Offenbar glaubte die Polizei anfangs Striegels Aussagen. Vor allem die Tatsache, dass er sofort zum Unfallort zurückkehrte, wertete die Polizei bislang zugunsten von Striegel.

Verfahren wegen Fahrerflucht gegen Sebastian Striegel

Für die Einleitung von Verfahren wegen Fahrerflucht sei aber ein Anfangsverdacht notwendig, der nun anscheinend gegeben ist. „Es gibt inzwischen einige Beweismittel, die ein unerlaubtes Entfernen erhärten könnten“, so Kopitz.

Der grüne Innenexperte Striegel hatte vor drei Wochen bei Könnern (Salzlandkreis) einen schweren Verkehrsunfall mit einem Verletzten verursacht. Nach Polizeiangaben beachtete der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion beim Abbiegen von der Landesstraße 50 auf die Autobahn 14 die Vorfahrt nicht.

Ein aus der Gegenrichtung kommender 28-jähriger Bernburger musste ausweichen und verlor die Kontrolle über seinen Wagen. Das Auto überschlug sich und landete auf dem Dach - während Striegel seine Fahrt zunächst fortsetzte und erst später zum Ort des Geschehens zurückkehrte. Das Unfallopfer wurde schwer verletzt ins Bernburger Krankenhaus eingeliefert - nach eigenen Angaben mit einem Schlüsselbeinbruch sowie Schnittwunden.

Unfallhergang laut Sebastian Striegel

Auf MZ-Nachfrage schilderte Striegel am Freitag den Hergang aus seiner Sicht: „Am Freitag, dem 26. August 2016, gegen 17.15 Uhr bog ich mit meinem Pkw von der L 50 auf die A 14 an der Auffahrt Könnern nach links ab. Dabei sah ich einen mir entgegen kommenden Pkw zu spät.“ Das ihm entgegenkommende Fahrzeug habe nach rechts ausweichen müssen, er habe ein kurzes Reifenquietschen gehört, aber nicht gesehen, wohin das Fahrzeug weitergefahren war.

Und Striegel weiter: „Ich erschrak mich sehr, bremste abrupt ab und würgte im Kreuzungsbereich meinen Motor ab. Als ich wenige Sekunden später mein Fahrzeug wieder startete, überholte links von mir ein schwarzer Pkw und fuhr links an mir vorbei auf die Autobahnauffahrt.“ Er sei bemüht gewesen, die Kreuzung schnell freizumachen, auch weil bereits weiterer Verkehr aus Richtung Könnern von rechts auf ihn zurollte, und fuhr nun auf die Autobahnauffahrt auf. „Ich habe links von mir in diesem Moment nichts Auffälliges wahrgenommen.“

Sebastian Striegel: „Das verunsicherte mich sehr“

Beim Losfahren auf der Autobahn habe er sich kurz nach rechts umgeblickt. „In dieser Richtung sah ich unterhalb der Autobahn, wo eigentlich keine Personen zu erwarten waren, zwei Menschen stehen. Das verunsicherte mich, weshalb ich unverzüglich mein Fahrzeug auf den Standstreifen steuerte und dort anhielt.“ Von dort aus habe  er sofort den Notruf 110 gewählt,  seine Situation geschildert und gefragt, was er tun sollte, auch weil er den Ort des ursprünglichen Geschehens von seinem Standort nicht mehr einsehen konnte.

„Die am Telefon befindliche Polizeibeamtin wies mich an, in Richtung Magdeburg weiterzufahren und an der nächsten Abfahrt umzukehren. Das tat ich, verließ die Autobahn in Plötzkau und fuhr wieder zurück.“ Wegen einer Baustelle in beiden Richtungen dauerte dies laut Striegel recht lange.
„Am – wie ich nun realisierte – Unfallort angekommen, fand ich einen Polizeiwagen vor, bei dessen Besatzung ich mich sofort meldete und alle Formalien der Unfallaufnahme absolvierte.“

Sebastian Striegel: „Ich habe keine Unfallflucht begangen“

Laut Striegels ersten Reaktionen war es zu dem  Vorfahrtfehler  „durch unklare Lichtverhältnisse“ gekommen. Dass er geblendet wurde, ist jedoch fast ausgeschlossen, wie ein Test der MZ vor Ort ergeben hatte. Striegel verzichtete in seiner neuen Schilderung am Freitag auch drauf,  Lichtverhältnisse zu als Problem zu nennen.

Vehement bestritt der Landtagsabgeordnete dagegen ein unerlaubtes Entfernen. „Ich habe keine Unfallflucht begangen und weise den Vorwurf deshalb zurück.“
Wie es weitergeht ist derweil unklar. „Soweit ich über entsprechende Ermittlungen offiziell informiert würde, werde ich mit meinem Anwalt zum weiteren Vorgehen beraten“, so Striegel. Zudem verweist er darauf, „dass  die Regulierung des Unfalls nahezu abgeschlossen ist.“

Laut Kopitz haben  die Ermittlungsakten derzeit den Vermerk „Bitte um Vernehmung der Zeugen.“ Eine Einladung dazu sei Sebastian Striegel inzwischen zugestellt worden. (mz)