Nach Anschlag vom 9. Oktober Nach Anschlag vom 9. Oktober : Wird aus dem Kiez-Döner eine Gedenkstätte?

Halle (Saale) - Mehr als drei Wochen nach dem Anschlag vom 9. Oktober kehrt in den „Kiez Döner“ auf der Ludwig-Wucherer-Straße langsam wieder neues Leben ein. Am Donnerstag haben Ladenbesitzer Izzet Cagac und einige freiwillige Helfer das Lokal aufgeräumt und umgebaut.
An der Stelle, an der der Merseburger HFC-Fan Kevin S. von einem Rechtsterroristen erschossen wurde, ist nun eine Gedenkstätte eingerichtet. Trikots, Schals, Fahnen und Bilder, die von trauernden Menschen vor dem Dönerimbiss niedergelegt worden waren, erinnern dort nun an den 20-Jährigen. An der Wand ist eine große Fußball-Tapete angebracht, so dass es aussieht, als ob sich der Dönerimbiss direkt hinter dem Tor in einem Fußballstadion befindet. In den nächsten Tagen sollen noch einige der alten Tische und Bänke ausgetauscht werden, und am 16. und 17. November findet ein großes Festessen im Laden statt, mit dem feierlich die Trauerzeit beendet werden soll.
Seit dem 9. Oktober ist das Geschäft geschlossen
Seit dem 9. Oktober ist das Geschäft geschlossen, auch weil die islamische Religion eine 40-tägige Trauerperiode verlange, wie der muslimische Ladeninhaber Izzet Cagac erklärt. Ob der Ladenbetrieb jemals wieder so sein wird wie vor dem Anschlag, weiß Cagac nicht. „Was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt müssen wir damit umgehen“, sagt er. Deshalb werde der Dönerimbiss zunächst nur vorübergehend nur für zwei Tage geöffnet. Der Bürgersteig vor dem Laden soll am 16. November wieder frei gegeben werden.
Er war nach dem Anschlag von der Polizei gesperrt worden. Viele Menschen hatten Kerzen und Blumen dort niedergelegt, immer noch bleiben jeden Tag Fußgänger vor der Absperrung stehen und gedenken. Laut Tobias Teschner, Leiter des Fachbereiches Sicherheit, respektieren die Verwaltung und die Polizei die 40-tägige Trauerzeit am Dönerladen.
Den Laden will Cagac nach der Wiedereröffnung seinen zwei langjährigen Mitarbeitern schenken
Den Laden will Cagac nach der Wiedereröffnung seinen zwei langjährigen Mitarbeitern schenken, die während des Anschlags hinter dem Tresen standen. Ob die beiden Brüder den Kiez Döner weiter wie bisher führen oder ein anderes Konzept verfolgen, ist nicht bekannt.
„Natürlich helfe ich ihnen auch weiterhin“, sagt Cagac. Dass der Laden umzieht und später an einer anderen Stelle neu eröffnet wird, schloss er aus. Es sei schwer, einen guten Platz zu finden, sagt er. Hauptproblem ist laut Cagac, dass ein Dönerimbiss eine ausgeklügelte Belüftung braucht, die in den meisten Altbau-Häusern nicht eingebaut werden kann.
Seine Idee: Alle Religionen sollen dort gleichermaßen zusammenkommen können
Sollte der Laden in der Ludwig-Wucherer-Straße nach dem 17. November ganz geschlossen bleiben, möchte Cagac eine Begegnungsstätte in den Imbiss-Räumen einrichten. Seine Idee: Alle Religionen sollen dort gleichermaßen zusammenkommen können. „Das ist aber zurzeit nur eine Idee“, sagt Cagac.
Der Verein „Miteinander“ hat unterdessen am vergangenen Wochenende 740 Euro an Spenden eingenommen. Das Geld fließt an den Opferfonds für Betroffene fremdenfeindlicher und rechtsextremer Gewalt in Sachsen-Anhalt. Damit werden die Opfer des Anschlags in Halle unterstützt, zu denen auch die Mitarbeiter des Dönerimbisses gehören.
Die Sperrung der Humboldtstraße vor der Synagoge wird vorläufig nicht aufgehoben. Wie der Verkehr dort künftig geregelt werden soll, bespricht die Stadtverwaltung derzeit mit der Polizei und der jüdischen Gemeinde. Die Straße ist für Autos gesperrt, und eine mobile Polizeiwache ist dort eingerichtet. (mz)