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Champions-League-Halbfinale Flick zwischen „atemberaubend“ und „maximaler Grausamkeit“

Barcelonas Traum vom Finale endet dramatisch. Während sich Inter-Torwart Sommer nach seinem Weltklasse-Spiel auf die Rückkehr nach München freut, droht Flick die nächste Enttäuschung.

Von Michael Rossmann, dpa Aktualisiert: 07.05.2025, 12:33
Bitterers Aus: Hansi Flick verpasst das Finale.
Bitterers Aus: Hansi Flick verpasst das Finale. Antonio Calanni/AP/dpa

Mailand - Nach einem Fußball-Spektakel für die Geschichtsbücher rang Hansi Flick um Fassung. Der deutsche Barça-Trainer musste erklären, was kaum zu erklären ist. Sein Team wähnte sich nach einer famosen Aufholjagd bereits im Champions-League-Finale, ehe die „maximale Grausamkeit“ folgte - wie die spanische Zeitung „Marca“ die Wendung in der Nachspielzeit und das folgende Aus in der Verlängerung bezeichnete. 

Trotz des schmerzhaften Ausscheidens gegen Inter Mailand im Halbfinale trat Flick so gefasst auf, wie es nach solch einem emotionalen Spiel möglich ist. „Ich bin enttäuscht, aber nicht über die Vorstellung der Mannschaft“, kommentierte der Fußball-Lehrer Mailands 4:3 (3:3, 2:0)-Sieg nach Verlängerung. „Sie haben alles getan, was sie konnten und einen richtig guten Job gemacht.“

„Glorreicher, ungefilterter Wahnsinn“ 

Das war natürlich nur die halbe Wahrheit. Denn die Defensivabteilung des FC Barcelona hatte erneut keinen guten Job gemacht. Wie beim 3:3 im Hinspiel kassierte das stürmische Barça-Team zu viele Gegentreffer. Was das herrlich wilde Hin und Her und die insgesamt 13 Treffer in zwei Halbfinal-Spielen für neutrale Fans in aller Welt allerdings zu einem Fußballgenuss machte, den der britische Sender BBC sogleich als „All-Time-Classic“ einstufte.

Auch die „Daily Mail“ kam zu einer ähnlichen Einschätzung und schrieb: „Das war glorreicher, ungefilterter Wahnsinn - das beste Champions-League-Halbfinale der Geschichte.“ Prime-Kommentator Jonas Friedrich schwärmte: „Es war ein Spiel, von dem wir noch unseren Enkeln erzählen werden!“ Laut Daten-Dienstleister OptaFranz bedeuteten die 13 Tore die Einstellung des Rekords für die meisten Treffer in einem Champions-League-Halbfinale.

Traum vom Triple geplatzt

Flick widerstand dem üblichen Reflex, den Ärger über das Aus und die damit verbundene schlechte Laune an Schiedsrichter Szymon Marciniak auszulassen. Zwar monierte der ehemalige Bundestrainer, dass „jede 50:50-Entscheidung, die er getroffen hat“, zu Gunsten Inter Mailands gefallen sei. Aber auch bei Nachfragen blieb der Coach, der nach Francesco Acerbis Last-Minute-Ausgleich (90.+3) Gelb gesehen hatte, so gelassen und sachlich wie in solch einer Situation überhaupt möglich. Der frühere Bundestrainer antwortete: „Ich habe ihm gesagt, was ich denke, aber ich werde es hier nicht sagen.“

Der Traum, wie 2020 mit den Bayern alle drei großen Titel abzuräumen, ist für den 60-Jährigen beendet. Und schon am Sonntag steht das nächste wichtige, womöglich vorentscheidende Spiel für Flick und sein Team auf dem Programm. In der spanischen Meisterschaft empfangen die Katalanen den Titelverteidiger Real Madrid.

Im Idealfall könnte der FC Barcelona mit einem Sieg den Vorsprung auf kaum mehr einzuholende sieben Punkte ausbauen. Anderseits droht im Falle einer Niederlage das große Nervenflattern und am Ende eine weitere große Enttäuschung. „Wir müssen wieder aufstehen“, sagte Flick. „Das ist die Botschaft, die ich meinen Spielern mitgeben will.“

Die besondere Rückkehr nach München

Während die internationale Saison für Flick seit Dienstagabend beendet ist, darf sich Yann Sommer auf eine triumphale Rückkehr nach München freuen. Der ehemalige Bundesliga-Keeper, der bei seinem kurzen Bayern-Gastspiel nicht gerade mit Lobeshymnen überhäuft wurde, war der überragende Spieler beim San-Siro-Spektakel. 

Völlig zu Recht wurde der Schweizer als „Man of the Match“ ausgezeichnet - auch wenn die Schlusspointe des denkwürdigen Fußball-Abends dem Siegtorschützen Davide Frattesi in der 99. Minute gehörte. „Der entscheidende Spieler in diesem Spiel“, lobte „Marca“, den Tormann. Der Schweizer „Blick“ schwärmte von „Monsterparaden“.

„Direkt nach dem Schlusspfiff sind mir Tränen gekommen“, berichtete Sommer. „Ich könnte nicht glücklicher sein!“ Sein Team „war schon fast draußen“, gab Sommer zu. Dann war jedoch zu sehen, was für ein „Riesenglaube“ in der Mannschaft und welche Wucht im altehrwürdigen Giuseppe-Meazza-Stadion stecke. „Die Power, die sich in diesem Stadion entwickelt, gibt uns extrem viel“, erklärte der langjährige Schweizer Nationaltorwart, der die Barcelona-Angreifer bei dem Offensiv-Feuerwerk mehrfach verzweifeln ließ.

Nicht nur Sommer erlebte „ein unglaubliches Spiel“, das Teamkollege Acerbi als „atemberaubend“ bezeichnete. Der Tormann, der bei den Bayern kurzzeitig als Manuel-Neuer-Ersatz angestellt und von den Bayern mit Verlust nach Mailand verkauft worden war, schaut nun auf das Finale am 31. Mai: „Ich freue mich riesig auf München! Ich bin jetzt 36 Jahre alt, nicht mehr der Jüngste.“