1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. MZ-Serie: Kinos in Halle: MZ-Serie: Kinos in Halle: Anspruch im Plüschsessel

MZ-Serie: Kinos in Halle MZ-Serie: Kinos in Halle: Anspruch im Plüschsessel

Von Johannes Killyen 11.04.2002, 16:35

Halle/MZ. - Auf der Homepage des "Zazie", unter der Rubrik "Meinungen", ist nicht viel Kritisches zu finden. Die meisten Internet-Gäste haben sich dafür entschieden, ein Kreuz vor den Spruch "Ich liebe Zazie" zu machen. Nur eine Manuela findet, dass die Bar "irgendwie Wartehallenatmosphäre" habe - wahrscheinlich, weil der Raum schmal wie ein Schlauch ist. Trotzdem gehören Bar und Restaurant zu den besonderen Stärken des "Zazie", das im Dezember ein Jahr alt geworden ist. Sie sind ein Treffpunkt nicht nur für Kinogänger.

Spiegel an den Wänden und Kunstlederbänke mit extra hoher Lehne, Kerzenleuchter auf dem Tresen und viel Stuck an der Decke geben dem Restaurant den Charme eines gepflegt-nüchternen französischen Bistrots. Die Bar kommt ohne Spiegel aus, dafür sind die Wände hier dunkelrot, die Atmosphäre ist heimelig. Und das ist der Witz an der Raumaufteilung im "Zazie": Das Restaurant ist von der Großen Ulrichstraße aus zu erreichen, die Bar von der Kleinen Ulrichstaße.

Zwischen beiden liegt der Kinosaal, wo sich 80 Zuschauer in erdbeerrote Plüschsessel fläzen und Filme sehen können, nach denen man in den großen Kinos oft vergeblich sucht. Das "Zazie" ist ein Programmkino und Programm ist auch der Name: Zazie ist die Titelheldin eines französischen Films.

Jeanette Kramer, die das "Zazie" betreibt, hat sich auf romanische Länder spezialisiert: Frankreich, Italien, Spanien. Viele Filme laufen in der Originalsprache mit Untertiteln. Dass sie Jeanette heißt, ist allerdings nur ein schöner Zufall, denn Jeanette Kramer ist eine waschechte Hallenserin. "Mehr oder weniger zufällig" hat die gelernte Dekorateurin 1994 auch das Team des inzwischen geschlossenen "Kino 188" kennen gelernt - wo sie dann etliche Jahre arbeitete.

Als sie im Jahr 2000 das "Zazie" eröffnete "hat es dann richtig geknallt". Jeanette Kramer - lange schwarze Haare, Jeanskostüm, Fuchspelz - schaut ein bisschen unsicher, als sei es unfair, sich über den Erfolg zu freuen. Sie hat einiges hinter sich. Denn obgleich sie vom "Kino 188" viele Kontakte und viel Erfahrung mitnahm, war der Sprung zum eigenen Kino gewaltig. Manchmal werde ihr "ganz komisch" vor lauter Verantwortung. "Aber das verdränge ich dann."

Jeanette Kramer möchte, abgesehen von Bar und Restaurant, aber mehr machen als einfach Filme zu zeigen: Die Französischen Filmtage hat sie vom "188" übernommen, es gab die schwul-lesbischen Filmtage und eine argentinische Kulturwoche. Mit der Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet sie zusammen, mit der Hochschule für Kunst und Design, der "Burg", und bald soll das Thalia-Theater hinzu kommen. "Vielleicht werden wir auch das Festival-Café zum Festival des Puppentheaters", hofft sie. Absprachen mit anderen Kinos in Halle gebe es nicht, außer ab und zu mit dem "Capitol". "Trotzdem können wir gut nebeneinander existieren."

Jeanette Kramer, die normalerweise zwei bis drei Filme pro Woche zeigt, liebt das junge Kino aus Frankreich und Italien: "So eine Leichtigkeit wird man in Deutschland wohl nicht finden", sagt sie.

Der nächste Teil der MZ-Kino-Serie ist dem "Lux" in der Seebener Straße gewidmet.