MZ-Redakteur im Selbsttest MZ-Redakteur im Selbsttest: Wie schwer ist die Führerscheinprüfung wirklich?

Halle (Saale - Mit einem Auge schiele ich auf das Klemmbrett meines Fahrlehrers. Marco malt mit seinem Kugelschreiber ein Herz auf das Karopapier. „Super“, denke ich mir. „Das hat du schonmal gut gemacht.“ Vielleicht wird es doch noch etwas mit der Prüfung.
Bis jetzt hatte ich mir eingebildet, ein guter Autofahrer zu sein. Seit knapp zehn Jahren habe ich meinen Führerschein in der Tasche. Erst den fürs Auto, später auch den fürs Motorrad. Ich fahre berufsbedingt viel und wurde in meinem Leben erst einmal mit zehn Kilometern pro Stunde zu viel geblitzt. Regelkonform Autofahren ist nicht schwer, finde ich.
MZ-Reporter für einen Tag Fahrschüler
Wie kann es da also sein, dass so viele Fahrschüler durch theoretische und praktische Prüfung rasseln und Sachsen-Anhalt auch noch Spitzenreiter ist? Nach Daten des Kraftfahrtbundesamtes wurden im Jahr 2017 hierzulande nur 55,1 Prozent aller Theorieprüfungen bestanden. Das ist der schlechteste Wert im Bundes-Vergleich. Bei der praktischen Prüfung liegt Sachsen-Anhalt auf dem drittletzten Platz.
Ich will es besser machen und melde mich bei Marco Rauchhaupt, Inhaber der Fahrschule Gangart, zur imaginären Prüfung an. Marco - ich duze meinen Fahrlehrer natürlich - soll mich über die fiesesten Kreuzungen und in die engsten Parklücken schicken. Und so richtig streng sein. Muss er gar nicht, wie ich später feststelle. Los geht es nach fünf Minuten Eingewöhnungszeit auf der Hochstraße Richtung Neustadt. „Wenn ich nichts sage, fahren wir geradeaus, außer Verkehrszeichen verbieten uns das“, sagt mein Fahrlehrer. Schon am Rennbahnkreuz lotst er mich auf den Gimritzer Damm und ich vergesse, rechts zu blinken. Marco sagt nichts, sondern notiert jeden Fehler auf seinem Klemmbrett. „An der Ampel biegen wir bitte links ab.“ Kopfnicken. Diesmal den Blinker nicht vergessen und rein in die Neustadt-Straße „Zur Saaleaue“.
Selbsttest Führerscheinprüfung: Schild übersehen?
Ich soll noch einmal rechts abbiegen, vergesse den Schulterblick nicht und fahre im Schatten mehrerer Hochhäuser um eine Grünanlage herum. Immer gegen den Uhrzeigersinn, links, links, nochmal links, bis es mir komisch vorkommt, dass Marco mich nun schon zum zweiten Mal um die Grünfläche fahren lässt. Habe ich etwa ein Schild übersehen? Sonst hätte Marco mich doch schon wieder auf die Magistrale geschickt?! Da sehe ich es vor mir: weißer Pfeil auf blauem, eckigen Grund. Ich bin in einer Einbahnstraße und hätte mich beim Linksabbiegen links einordnen müssen. Ich bemerke meinen Fehler und tatsächlich schickt mich Marco, nachdem ich mit nur zwei Zügen und ohne anzustoßen eingeparkt habe, zurück auf die Magistrale.
Bis auf die Richtungs-Anweisungen sagt er kein Wort, macht sich aber ständig Notizen auf seinem Blatt. Ich merke, wie ich schwitze und genauso aufgeregt bin wie damals bei meiner echten Fahrprüfung. Dass das hier nur ein Test ist, habe ich schon längst vergessen. Dann, am Ende der „Maggi“ kurz vorm Kreisverkehr, sagt Marco doch etwas: „Na, stand da vielleicht ein Schild?“ Zu meiner Bestürzung muss ich beim Blick in den Rückspiegel feststellen, dass ich an sogar zwei Schildern vorbeigerauscht bin: einem eckigen und einem runden neben ein paar Warnbaken. Ich tippe auf „Achtung, Baustelle“ und „Tempo 30“ und bremse. Als ich nach ein paar Sekunden noch immer bei 34 Kilometern pro Stunde bin, fange ich mir noch einen Spruch von Marco ein. Wenn mich das mal nicht die Prüfung kostet!
Selbsttest Führerscheinprüfung: Zu viele Fehler
Zum Ende der Prüfung wird es dann noch einmal richtig haarig. In einer 30er Zone, irgendwo zwischen Neustadt und Nietleben, setze ich an, um einen Radfahrer vor mir zu überholen. Doch ich schaffe es nicht, an ihm vorbeizufahren und komme der nächsten Kreuzung immer näher. Ich entscheide mich dafür, den Überholvorgang abzubrechen.
Das stellt sich bei der Auswertung, zurück in der Fahrschule, als richtige Entscheidung heraus. „Ich habe hier ein kleines Herz auf mein Blatt gemalt. Nicht weil ich verliebt bin, sondern weil ich da Herzschmerz hatte. Aber zum Glück hast du nicht überholt“, sagt Marco. Die Situation hätte mich nicht die Prüfung gekostet - dafür aber die anderen Schnitzer, die ich zum Teil nicht einmal bemerkt habe: Beim Einparken habe ich zwar einen Schulterblick nach rechts hinten gemacht, aber nicht ein einziges Mal nach links. Durchgefallen!
Selbsttest Führerscheinprüfung: Durchgefallen!
Der Kreisverkehr am Ende der Magistrale ist kein Kreisverkehr. Ich hätte auch beim Einfahren blinken müssen. Dann, sagt Marco, sei ich fast dauerhaft zu schnell gefahren. „Drei drüber ist eine Hausnummer, vier drüber ist eine richtige Hausnummer.“ Was es bedeutet, dass ich mit Tempo 44 in die Baustelle gerast bin, muss mir Marco nicht erläutern. Durchgefallen!
Hinzu kommen weitere kleinere Geschwindigkeitsüberschreitungen, zu geringer Abstand, unzureichende Beobachtung am Zebrastreifen, die falsche Einordnung in der Einbahnstraße und ruppiges Bremsen. Alles in allem zwar keine katastrophale Prüfung, aber mit Sicherheit keine bestandene, resümiert Marco. „Gut fand ich, dass du die Schulterblicke so gut gemacht hast“, sagt er noch. Doch das rettet mich auch nicht mehr. (mz)


