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Mitte 20, Liedermacher, abgeklärt Mitte 20, Liedermacher, abgeklärt: Felix Kramer ist in Halle zu erleben

Von Mathias Schulze 13.10.2018, 10:00
Felix Kramer
Felix Kramer Luca Fuchs

Halle (Saale) - Befreiender Rausch, die Feier des Seins und rasende Hormone, die sich in ein Selbstbewusstsein ewigen Frühlings verwandeln. Solche Vermarktungsstrategien werden im Popgeschäft aufstrebenden Sternchen auf den unverwundbar schönen Leib geschneidert. Der Wiener Liedermacher Felix Kramer, Jahrgang 1994, hingegen setzt auf gänzlich andere Töne. Und trifft damit einen Nerv, der die österreichische Presse zu Lobeshymnen animiert.

Am Herzen gepackt

Kramers Debütalbum „Wahrnehmungssache“ klingt so dunkel, abgründig und depressiv, dass es den Hörer unmittelbar am Herzen packt: Wie kann ein Mittzwanziger nur so abgeklärt, reif und illusionslos erzählen? Verlangen unsere kulturellen Hörgewohnheiten nicht jugendlichen Optimismus und Überschwang?

Diese Songs aber faszinieren mit einer verstörenden Intensität, es ergibt sich eine Sogwirkung. Hoffnungen lagern einzig in der Art des Gesanges, im fast schon hypnotisch wirkenden Wiener Schmäh, der noch die traurigsten Befunde über Mensch und Gesellschaft mit einem warmen und augenzwinkernden Zynismus erträglich macht. Genau hier liegt der Nerv, den Kramer so wunderbar freilegt.

Das ist frei von Kitsch und große Kunst, auch wenn das Rad nicht neu erfinden wird. Kramer, der mit bürgerlichen Namen Felix Pöchhacker heißt, thematisiert das Scheitern, seelische Verletzungen, das Abnutzen der Liebe, die Verrohung und den apokalyptischen Blick in unsere Zeit.

Sound der Schockstarre

So erschafft er einen Sound der Schockstarre und umkreist gekonnt ein Gefühl des Rückzuges. So falsch dies sein mag - so psychologisch genau und künstlerisch gelungen schildert Kramer diese Fluchtversuche in den modernen Industriegesellschaften.

Die Inspirationen sind dabei unüberhörbar, man fühlt sich an Ludwig Hirsch, Element of Crime, an Bob Dylan, Jacques Brel oder Leonard Cohen erinnert. Dort ein paar Streicher, da eine Lagerfeueratmosphäre. Man darf gespannt sein, welche Wege in Zukunft markiert werden, wie sich das Melancholische bei Kramer, das schon jetzt ohne Larmoyanz auskommt, noch entwickeln wird. (mz)

Am 20. Oktober gastiert Kramer zusammen mit dem Leipziger Musiker Stefan Galler ab 20 Uhr im Club „Pierre Grasse“ in Halle, Große Steinstraße 55.