Mit Halles Winterdienst auf Tour Mit Halles Winterdienst auf Tour: So lief der Kampf im Schneetreiben

Halle (Saale) - Halle, Samstagmorgen, 4 Uhr. Das Thermometer zeigt minus sechs Grad Celsius. Die Straßen sind weiß. Windböen peitschen dichte Schneewehen durch die Stadt. Die Szenerie erinnert eher an Sibirien und nicht an einen Märztag an der Saale kurz vor Frühlingsbeginn.
3 Uhr hatten bei Alexander Hornung aus Leuna und seinen Kollegen der Winterdienstbereitschaft die Handys geklingelt. „Ich bin zeitig ins Bett, denn ich wusste, was passiert“, sagt der 34-Jährige. Schon die Fahrt nach Halle über die B 91 sei abenteuerlich gewesen, „weil man die Straßenbegrenzung nicht gesehen hat“. Seit 2010 hat die Region nicht mehr so viel Schnee gesehen - fast 20 Zentimeter fallen bis Samstagabend.
Winterdienst von Halle war am Wochenende im Dauereinsatz
Der Winterdienst der Halleschen Stadtwirtschaft (HWS) ist seit Freitag im Dauereinsatz. „Solange es derart intensiv weiterschneit, können wir den Kampf nicht gewinnen, sondern nur Schadensbegrenzung betreiben“, sagt Sven Schossig (48), Abteilungsleiter der HWS.
13 Mitarbeiter der HWS rücken gegen 5 Uhr aus, im regulären Arbeitsalltag sind sie Fahrer der Müllabfuhr und der Straßenreinigung. Hinzu kommen Subunternehmer und 50 „Handkräfte“, die Kreuzungsbereiche und Gehewege frei schaufeln. „Die Jungs sind motiviert, man muss sie eher etwas bremsen“, sagt Schossig. Die Stimmung ist gut. Keiner mault, weil er am Samstag raus muss. Ausgerechnet am Wochenende, wenn die Stadt noch tief schläft.
Am Freitag noch Müll transportiert, am Samstag Salz gestreut
Christopher Flöhr (24) hat am Freitag noch Müll transportiert. Jetzt wartet er darauf, dass sein Räumfahrzeug neues Streusalz aufnehmen kann. 500 Tonnen Salz hat die HWS in vier großen Silos an ihrem Stützpunkt in der Äußeren Hordorfer Straße gebunkert. Doch es gibt Probleme. Eines der Schlösser ist eingefroren, die Abfüllanlage des Silos lässt sich nicht öffnen. Letztlich muss das Schloss mit einem Bolzenschneider geknackt werden. Dann rollt Flöhr los.
Halles Räumfahrzeuge müssen sich um 260 Kilometer Straßennetz kümmern
Sven Schossig steigt selbst auf den „Bock“ eines Unimog. „Das ist eine willkommene Abwechslung zur Arbeit am Schreibtisch. Und die Jungs wissen es zu schätzen, wenn auch der Chef mitzieht“, sagt er. Das Schiebeschild mit der Hartgummi-Lippe an der Unterseite rattert über die Fahrbahn. Eisblöcke auf dem Asphalt lassen den ganzen Lkw zittern, auch Gullydeckel, die im Schnee nicht zu sehen sind - so wie Bordsteinkanten. 260 Kilometer ist Halles Straßennetz lang, unterteilt in seiner Wertigkeit in drei Kategorien von A bis C. A sind die Haupttrasse - sie haben den Vorrang. Der Rest folgt später.
Kritik ist der hallesche Winterdienst gewöhnt
Schossigs Route führt ihn über den Böllberger Weg nach Wörmlitz, in die Vogelweide und in Teile der Silberhöhe. „Die Leute erwarten, dass wir überall gleichzeitig sind. Und dass die Straße sofort frei ist, wenn wir einmal durch sind.“ Schossig und seine Mitarbeiter haben gelernt, mit öffentlicher Kritik zu leben - Mund abputzen und weiter. Bis die Straßen wieder schwarz sind.
Warum auch bei Schnee möglichst viele Autos fahren sollten
Vor allem Falschparker machen dem Winterdienst zu schaffen, enge Straßenverhältnisse ebenso. Hin und wieder kommt es auch zu Unfällen, beispielsweise weil das Schild an einem Auto entlangschrammt. Das A und O bleibt natürlich das Wetter. So kann das Salz-Sole-Gemisch nur wirken, wenn möglichst viele Autos fahren, die die Mixtur mit den Reifen quasi in die verschneite oder vereiste Straße einmassieren. Ist aber eher wenig Verkehr auf den Straßen, friert der Schneematsch wieder an.
Vier Stunden für 50 Kilometer - und immer wieder raus
Gegen 7 Uhr sind am Samstagmorgen erste Erfolge sichtbar. Ein Sorgenkind ist da noch die Europachaussee. Hier hat der Wind freie Bahn. Die Schneewehen sind teils so hoch, dass die Leitpfosten verschwinden. „Da hilft nur eins: Immer und immer wieder raus“, sagt Schossig. Für eine knapp 50 Kilometer lange Tour in der Stadt benötigt der Winterdienst vier Stunden - es geht mit maximal Tempo 30 hin und zurück. Schossig und seine Kollegen fahren bis 14 Uhr, dann übernimmt die nächste Schicht. (mz)

