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Meckelsche Sammlungen Meckelsche Sammlungen in Halle: Hausputz zwischen Schädeln und Siamesischen Zwillingen

08.09.2018, 13:01
Die medizinische Präparatorin Julia Hallasch steht in den Meckelschen Sammlungen des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an präparatorisch behandelten Skeletten von siamesischen Zwillingen aus den Jahren um 1815.
Die medizinische Präparatorin Julia Hallasch steht in den Meckelschen Sammlungen des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an präparatorisch behandelten Skeletten von siamesischen Zwillingen aus den Jahren um 1815. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Es ist eine Riesenaufgabe: Die Meckelschen Sammlungen in Halle, die zum nationalen Kulturgut in Deutschland gehören, bekommen jetzt eine Art Hausputz. Rund 8.000 Präparate von Mensch und Tier gehören zu der anatomischen Lehr- und Forschungssammlung. Angelegt im 18. Jahrhundert von der Ärztefamilie Meckel, zählt sie zu den bedeutendsten ihrer Art in Europa, sagt Heike Kielstein, Direktorin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Nur wenige Schritte von ihrem Büro im Backsteingebäude entfernt ist die medizinische Präparatorin Julia Hallasch gerade dabei, sich einem der schier unzähligen Sammlungsstücken zu widmen. Mehrere Hundert Präparate erhalten in den kommenden Wochen ein modernes Etikett zu den originalen Handschriften hinzugestellt, und wenn nötig, muss die Flüssigkeit zur Konservierung ausgetauscht werden. Dies sei in historischen Sammlungen üblich und erlaubt, erklärt die Anatomieprofessorin.

Meckelsche Sammlungen in Halle: Jedes Präparat hat seine Besonderheit

„Jedes Präparat hat seine Besonderheit. Man muss sehr, sehr vorsichtig sein“, betont die erfahrene Präparatorin und öffnet im Labor in Millimeterarbeit den Verschluss eines Glases. „Es darf nichts kaputt gehen“, sagt Haller. Seit 16 Jahren arbeitet sie an der Universität in Halle, ihre Ausbildung machte sie an der Ruhr-Universität in Bochum.
Auf einem Tisch in ihrem Labor stehen viele Glasgefäße in unterschiedlichsten Größen mit konservierten Organen wie Lunge, Herz, Nieren oder auch Embryonen mit anatomischen Besonderheiten sowie Querschnittpräparate.

Im Laufe der Jahre werde die Konservierungsflüssigkeit in den Gefäßen mitunter dunkel, denn hundertprozentig luftdicht bekomme man diese nicht, ein Vakuumverschluss sei für die historischen Gläser nicht geeignet, sagt die Präparatorin.
„Das Besondere an unserer Sammlung ist auch, dass die Mediziner der Meckels schon damals, weit bevor es zum Beispiel die Computertomographie gab, dreidimensional gedacht und gearbeitet haben, indem sie Knochen und Gewebe auch quer- und aufgeschnitten und konserviert haben. Das ist Lehre auf höchstem Niveau“, sagt die Anatomieprofessorin Kielstein.

Meckelsche Sammlungen in Halle: Historische Präparaten sollen „modernes“ 3D-Exemplar bekommen

2017 wurde sie - von der Unicum-Stiftung in Bochum - unter 2000 nominierten Professoren von 250 Hochschulen in Deutschland - zur „Professorin des Jahres“ 2017 in der Kategorie „Medizin und Naturwissenschaften“ ausgezeichnet. Mit Hilfe von 3-D-Drucken will sie künftig historischen Präparaten ein „modernes“ Exemplar beiseitestellen.

„In ein paar Monaten können Besucher in unsere kostbaren Präparate mit Hilfe der 3D-Drucke rein symbolisch hineinsehen.“ Dies sei auch für die moderne Ausbildung von Medizinstudenten ein Gewinn. Denn: „Die Meckelschen Sammlungen sind und bleibt eine Lehr- und Forschungssammlung“, betont die Professorin. An keinem anderen Ort in Europa finde man zum Beispiel auch so viele Schädel - insgesamt 800, vom 18. Jahrhundert bis 1910/1920, von Kindern und Erwachsenen, vom Embryonen bis zum Greis, sagt Kielstein über die Sammlung, die 2015 von der Bundesregierung zum Nationalen Kulturgut und damit als besonders schützenswert erklärt wurde.

Dazu gehört aus Sachsen-Anhalt auch der international bekannte archäologische Fund, die rund 3.600 Jahre alte „Himmelsscheibe von Nebra“. Die Bronzescheibe gilt als weltweit älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene. Das Ziel des Kulturgutschutzes ist es nach Angaben des Bundes, das Kulturgut für die Menschheit zu bewahren, um es künftigen Generationen unbeschadet überliefern zu können. (dpa)