Martin-Luther Universität in Halle Martin-Luther Universität in Halle: Das Uni-Archiv zieht um

Halle (Saale) - Vor mehr als 20 Jahren wurde das Archiv der Universität in ein graues, heruntergekommenen Haus in der Pfännerhöhe ausgelagert. In den Regalen stehen und liegen dort Hunderttausende Dokumente. Das älteste stammt aus dem Jahr 1342. Die Palette des Archivguts umfasst Papst-Urkunden, Schriften von Melanchthon, Friedrich dem Weisen oder von Darwin; das Gründungsprivileg für die Universität Wittenberg aus dem Jahr 1502, die Matrikelbände - in einen hat sich 1708 auch Georg Friedrich Händel als Jurastudent selbst eingetragen - und unzählige Fotos und Negative aus der langen Universitätsgeschichte in Wittenberg und Halle.
3,5 Kilometer Akten
Vor allem bewahrt eines der größten Universitätsarchive im deutschsprachigen Raum aber Akten: rund 3,5 Kilometer Korrespondenzen der Institute und der Verwaltung aus vier Jahrhunderten - das Gedächtnis der Universität. In den nächsten Monaten wird diese Aktenmenge um mehrere Hundert laufende Meter Universitätsgeschichte anwachsen. Und das ganz ohne Neuzugänge. Denn derzeit legen die Mitarbeiter des Archivs um Leiter und Universitätskustos Michael Ruprecht jede Akte aus alten vergilbten Kartons heraus, legen sie in neue Aktendeckel aus säurefreiem und alterungsbeständigem Papier sowie in neue Archivkästen aus demselben Material. „Damit vergrößert sich das Volumen der Akten um rund 20 Prozent. Momentan wissen wir noch gar nicht richtig, wie wir das zwischenlagern sollen. Denn Platz haben wir eigentlich gar nicht“, sagt Michael Ruprecht.
Trotz des Umzuges der Institute auf den Steintorcampus wird die sanierungsbedürftige frühere Pädagogische Hochschule im Hohen Weg 4 in Kröllwitz weiter als Rotationsfläche benötigt, so die Universität. Dort verbleiben Zentrale Hörsäle, das Institut für Biologie – Molekulare Ökologie, eine Turnhalle, die Gesteinssammlung, die sogenannte Inschriftensammlung, das Internationale Graduiertenkolleg Halle-Tokyo sowie die Experimente-Werkstatt für Mathematik. Anfang November ist die Hochschulambulanz (Psychologie) hinzugekommen. Mittelfristig solle aber auch das ehemalige Institutsgebäude abgegeben werden. Dies sei abhängig von der künftigen Strukturentwicklung der Universität, im nächsten Jahr werde ein Flächennutzungs- und -entwicklungskonzept erarbeitet.
Die Universität hat mit dem Steintor-Campus mehre Gebäude in Halles Innenstadt leergezogen. Darunter die um das Jahr 1890 gebaute Villa im Advokatenweg 37, die das Institut für Sprechwissenschaften nutzte. Ebenso die Herweghstraße 96 der Germanistik im Paulusviertel. Beide Landes-Liegenschaften werden bis Jahresende an das Land zurückgegeben und sicher verkauft. Geräumt wurde auch die Emil-Abderhalden-Straße 7 von der Politikwissenschaft und die 45, unter anderem von Sozialwissenschaften und Archäologie genutzt. Die Mietverträge für die Adam-Kuckhoff-Straße 39/41, Schleiermacherstraße 1, Heinrich-und-Thomas-Mann-Straße 26 sind bereits Ende Oktober ausgelaufen. Weiter genutzt werden die Emil-Abderhalden-Straße 9 unter anderem vom Fachschaftsrat der Philosophischen Fakultät I und die Adam-Kuckhoff-Straße 15 für die Germanistik. (mifa)
Im Hausflur jedenfalls steht eine Palette mit den ersten 5 000 Archivkartons. Das Umpacken der Akten, einschließlich der Vergabe einer neuen, einheitlichen Signatur gehört zu den Vorbereitungen des aufwendigen Umzugs des Universitätsarchivs in Halles Innenstadt. Ab April ist das Archiv in der Dachritzstraße 12 untergebracht, zwischen Großer und Kleiner Ulrichstraße. „Dort herrschen endlich bessere Bedingungen für das Archiv und die Mitarbeiter“, sagt Michael Ruprecht.
Auszug war lange überfällig
Der Auszug aus der Pfännerhöhe ist tatsächlich lange überfällig. Die etwa 200 Wissenschaftler aus aller Welt, die heute jährlich in den Unterlagen forschen, sind in der Regel verblüfft, mindestens, über die völlig unangemessenen Räumlichkeiten: Blümchentapete an den Wänden, nackte Neolampen beleuchten die Gänge zwischen den hohen Regalen nur schlecht aus. Die Mitarbeiterinnen des Archivs tragen die angeforderten Akten treppauf und treppab. Pro Jahr erreichen etwa 1000 schriftliche Anfragen das Archiv. „Vor allem ist das ehemalige Wohnhaus klimatisch denkbar ungeeignet“, sagt Halles Universitätsarchivar Michael Ruprecht. Die Temperaturschwankungen seien schädlich für die Dokumente. Mit den schweren Aktenregalen stoße man auch an die Grenzen der Statik. Die Universität habe in den letzten Jahren zwar schon einiges getan, aber prinzipiell sei dies eben kein Archivgebäude, so Ruprecht. Das zeigen auch Wasserleitungen, die über Aktenregalen verlegt sind. Die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Druckerei in der Dachritzstraße 12 ist deutlich besser geeignet. Das Archiv profitiert davon, dass das Gebäude durch die Eröffnung des neuen Steintorcampus leer gezogen wurde. Im Gegensatz zu den anderen angemieteten Institutsgebäuden, die leer stehen, hat die Universität in der Dachritzstraße Erdgeschoss und erste Etage behalten. Aber nur so lange, bis eine endgültige Lösung gefunden ist. (mz)