Luxushaus an der Saale Luxushaus an der Saale: So viel Mühe steckt im Umbau der alten Papierfabrik

Halle (Saale) - Der Blick von der hölzernen Dachterrasse auf Trotha, die Katzenbuckel-Brücke und natürlich die Saale ist atemberaubend. Direkt vor der ehemaligen Papierfabrik rauscht der Fluss fauchend über das Wehr. „Experten sprechen von einem weißen Geräusch. Es ist immer da und stört dadurch nicht“, sagt Temba Schuh, Immobilienentwickler und Bauträger aus Halle.
2012 hatte er die mächtige Industrieanlage am Flussufer in Kröllwitz gekauft. „Die solitäre Lage und der Charme sind klasse. So etwas darf man nicht verfallen lassen“, sagt Schuh. Er baut die Fabrik aus dem 18. Jahrhundert in einen Wohnkomplex um, will 35 Wohnungen schaffen.
Wohnen in der Papierfabrik: Mieten sind teuer für Halle, aber nichts im Vergleich zu Leipzig
Das ehemalige Maschinenhaus ist schon fertig, die einstige Schlosserei folgt bis Mai 2019. Danach nimmt sich Schuh das Turbinengebäude vor. 18 Millionen Euro wird er nach eigenen Angaben investieren. Und die Wohnungen, 150 bis 200 Quadratmeter groß, seien zum Preis von 3.000 Euro pro Quadratmeter bereits alle verkauft.
Wer sich hier einmietet, zahlt zehn, elf Euro kalt für den Quadratmeter. Damit liegen die Mieten an der oberen Skala für hallesche Verhältnisse, aber immer noch deutlich unter vergleichbaren Mieten in Leipzig. Dort geht für ähnliche Immobilien unter 15 Euro pro Quadratmeter nichts mehr.
Immer mehr Investoren interessieren sich für Halles Ruinen
Das neue Leben in der alten Papierfabrik ist kein Einzelfall. Auch andere Investoren interessieren sich für verwaiste Industrieanlagen in Halle. Die MCM Immobilienkonzepte aus Magdeburg beispielsweise wollen die ehemalige Freyberg-Brauerei am Böllberger Weg in ein Wohnhaus umwandeln - noch ist das Objekt eine Ruine. Und die CSO Instone Real Estate Group aus Leipzig plant 100 Wohnungen in der ehemaligen Teefabrik an der Merseburger Straße, die schon komplett an Kapitalanleger aus ganz Deutschland veräußert worden sind.
„Die Industriegebäude, die früher gebaut wurden, haben eine tolle Ästhetik, die sich nutzen lässt. Niemand würde heute auf die Idee kommen, in ein Zalando-Lager zu ziehen. Aber aus den alten Industriedenkmälern lässt sich etwas machen“, hatte Vorstandsmitglied Torsten Kracht erst unlängst bei einem Immobiliengespräch in Halle erklärt. Abgesehen davon bleibt ein Stück Stadtgeschichte erhalten - wenn auch in völlig neuer Form.
Papierfabrik in Kröllwitz: Anwohner gingen damals wegen penetranten Gestanks auf die Barrikaden
Und die Papierfabrik in Kröllwitz hat eine interessante Historie. 1716 wurde in der Mühle das erste Papier geschöpft. Später wechselte sie an einen prominenten Besitzer: 1725 zahlte August Hermann Francke 6.500 Taler für die Fabrik, um mit ihr den Papierbedarf für seine Buchhandlung und Druckerei abzudecken. Im Norden Halles rümpften allerdings die Leute später die Nasen.
Der Gestank war durch das eingesetzte Sulfatverfahren so penetrant, dass die Einwohner auf die Barrikaden gingen. Die Proteste fruchteten. 1940 wurde das Unternehmen stillgelegt.
Jahrzehntelang stand die alte Papierfabrik fast vollständig leer
Sieben Jahrzehnte stand die Fabrik fast vollständig leer, nur die Schlosserei wurde in der DDR noch genutzt. Heute befindet sich die Schlosserei im Bau. Die Obergeschosse sind neu. „Wir integrieren in unser Wohnkonzept so viel wie möglich von der alten Substanz. Damit werden wir auch dem Denkmalschutz gerecht“, sagt Temba Schuh.
Das ehemalige Turbinenhaus soll wieder Energie erzeugen
Doch das eigentliche Zuckerstückchen kommt noch: das ehemalige Turbinenhaus. Schuh will den alten Kanal öffnen, der bis 1940 die Wasserturbinen antrieb. Wie früher soll die Saale unter dem Gebäude hindurchfließen. Geht es nach Schuh und der Energieversorgung Halle (EVH), dann bleibt die Kraft des Wassers nicht ungenutzt. So ist der Einbau von Turbinen zur Stromversorgung geplant. Die EVH würde das kleine Werk betreiben. Schuh will zudem am Wehr eine Fischtreppe bauen. „Dann sitzen die Leute auf ihren Balkonen und draußen springen die Fische vorbei.“ Ende 2019 könnte es soweit sein. (mz)

