Leute Leute: Spagat im Leben ist geglückt
Halle/MZ. - Die Mutter fiel fast in Ohnmacht, der Vater zeigte ebenfalls wenig Begeisterung, als Sohn Walther sagte: "Ich will zur See fahren." Wasser habe schließlich keine Balken, gaben die Eltern zu bedenken. Der Großvater riet: "Schickt ihn doch auf die militärärztliche Akademie." Das war ein guter Vorschlag. Von 1940 bis 1945 studierte Walther Matzel in sechs Städten Humanmedizin. Wenige Jahre später verschlug es ihn nach Halle. An der Saale wurde aus dem jungen Nachkriegsarzt ein überregional anerkannter Mediziner der Fachrichtung Lungenheilkunde, ein Lehrmeister und Wissenschaftler. Am 23. Februar feierte Prof. Dr. med. Walther Matzel im Kreise seiner großen Familie den 80. Geburtstag.
Da war es wieder ein bisschen wie früher, als ständig Trubel im Hause herrschte. Sechs Kinder haben Walther und seine Frau Julia, eine gebürtige Wienerin, die Matzel während des Studiums kennen lernte, groß gezogen. Zwei Söhne studierten ebenfalls Medizin, die beiden Töchter heirateten Ärzte. Doch im Grunde, sagt der Jubilar, sei die Frage Mediziner oder Nicht-Mediziner unwichtig. Für ihn zähle nur eines: "Die Kinder konnten alle das werden, was sie wollten." Er ist stolz auf alle sechs - und auf seine Frau. "Ich hatte, wenn es darauf ankam, immer frei von zu Hause."
Es kam oft darauf an. Das erste Mal schon 1946, als er eine Tätigkeit in der Tuberkulose-Heilstätte "Albrechtshaus" im Harz begann. Er nahm diese Stelle, weil es dort auch eine Wohnung für die junge Familie gab - noch in Wien war der erste Sohn geboren worden. 1949 suchte er sich ein neues Betätigungsfeld an der I. Medizinischen Klinik der halleschen Universität. 1956 legte er die Prüfung zum Facharzt für Innere Medizin und zum Lungenfacharzt ab. Ein Jahr später übernahm Prof. Matzel die Abteilung für Tuberkulose am damaligen Waldkrankenhaus Halle-Dölau als Chefarzt. Er blieb hier bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden 1986. Genau 20 Jahre zuvor hatte er sich habilitiert.
Ihm zu Ehren und anlässlich seines 80. Geburtstages veranstaltet das Städtische Krankenhaus Martha-Maria am 9. März im Maritim Hotel Halle ein Pneumologisches Kolloquium. Viele Fachvorträge über aktuelle Aspekte der Lungenkrankheiten wird es geben. Und am Abend will Internist Dr. Werner Wurbs zum Thema "Professor Matzel und die Lungenheilkunde in Dölau - Impressionen, Episoden, Erinnerungen" sprechen. Tief in die Vergangenheitskiste wird er sicher greifen, haben Wurbs und Matzel in Dölau doch 21 Jahre zusammen gearbeitet. Der Internist, der seit Jahren eine eigene Praxis betreibt, hat auch gemeinsam mit Matzels Nachfolger Dr. Wolfgang Schütte eine im Ärzteblatt veröffentlichte Laudatio verfasst.
Dort heißt es zum Beispiel "Der Patient war uneingeschränkter Mittelpunkt seiner ärztlichen Tätigkeit". Prof. Matzel drückt es so aus: "Ich wollte immer Kliniker sein." Auch nach den vielen Jahren erinnert sich der frühere Chefarzt an Namen, an Worte von Menschen, die er behandelte. Deren Dankbarkeit sei für ihn immer "beglückend" gewesen. Trotz des im Westen lockenden Geldes ist er deshalb "nie von hier weggegangen. Ich hätte das als Entzug für die Patienten empfunden." Erst vor wenigen Tagen habe ihn ein Mann angerufen, der sein Patient war - 1968.
Über Walther Matzel wird auch gesagt, ihm sei im Umgang mit Ärzten und Schwestern der Spagat "zwischen allzu großer Nachsicht und allzu strengem Reglement" gelungen - dank seiner Energie, seiner Toleranz und seines Humors. Er selbst weiß, dass er gute Lehrmeister hatte. Allen voran Prof. Rudolf Cobet. Matzel: "Er kam zur Arbeitsbesprechung und sagte ,Man beneidet mich um meine Mitarbeiter.' Kann es eine bessere Motivation geben?"
Walther Matzel hat aus aktuellem Anlass viele Lobreden auf ihn gehört. Immer wieder kam das Wort Dank vor. Im gewissen Sinne gibt er es zurück, wenn er sagt: "Ich kann nur dankbar sein für das, was mir im Leben widerfahren ist."