Leichtathletik Leichtathletik: Der Spätstarter
VON THOMAS LIERSCH Halle (Saale)/MZ. - 2009 lag seine Bestleistung über 800 Meter bei 1:55,5 Minuten. Jetzt steht sie bei 1:49,9. Dazwischen liegen nicht nur fünf Sekunden und sechs Zehntel. Dazwischen liegen Welten.
Und der Trend macht Mut. Jurich hat nun schon die Nationalmannschaft ins Auge gefasst: "Für dieses Jahr habe ich mir eine 1:47,5 vorgenommen. Das reicht für den B-Kader." Er klingt dabei nicht verbissen, sondern schlicht zuversichtlich. Zum Vergleich: Die deutsche 800-Meter-Bestleistung 2010, erzielt von Robin Schembera, beträgt 1:46,38 Minuten.
Bei der Ursachenforschung für seine sensationelle Leistungsexplosion nennt Jurich "Spaß am Training mit den anderen Läufern der Halleschen Leichtathletik-Freunde". Diese HLF-Gruppe von Trainer Wolfgang Thier ist hochkarätig besetzt. Hindernisläufer Stephan Abisch, die Langstreckler Till Wöllenweber und John-Philip Bartholomäi sowie die 800-Meter-Läufern Christian Drebelow und Peter Micke sind dabei. Allein trainiere er nicht so gerne, in dieser Gemeinschaft aber gehe er motiviert in die acht bis neun Trainingseinheiten pro Woche: "Wenn einer vorweg läuft, ist der Anreiz natürlich da, dran zu bleiben", sagt Jurich.
Über Umwege hat er zu seiner 800-Meter-Paradedisziplin gefunden. Mit 18 wollte der Läufer aus Brandenburg noch ein kerniger Triathlon sein. Er bestritt Rennen für das Zeppelin Team Potsdam. 2008 zog er nach Halle, um Sport und Wirtschaft zu studieren. Doch eine Knie-Operation zwang ihn zu einem halben Jahr Sportpause. Dann wagte er einen Neuanfang als Läufer bei HLF. Zum damaligen Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass er als Mittelstreckenläufer derartig durchstarten würde. Im vergangenen Jahr erreichte er bei der Deutschen Meisterschaft über 800 Meter einen siebten Platz. Im Februar diesen Jahres holte er beim nationalen Hallen-Championat den dritten Platz mit der Staffel. Dem Triathlon trauert er inzwischen nicht mehr nach. Zwar gehe er zum Spaß noch manchmal Schwimmen, aber rückblickend sagt er: "Ich war kein berauschender Schwimmer."
Geschichte. Das Ziel sind nun die Deutschen Meisterschaften Ende Juli in Kassel. Wie weit kann Tim Jurich dort beschleunigen? "In der Ausdauer habe ich noch Potenzial, auch bei der Grundschnelligkeit kann ich noch zulegen."