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Leichtathletik Leichtathletik: Cindy Roleder setzt alles auf eine neue Karte

Von Christoph Karpe 08.01.2014, 21:04
In einer Trainingspause redet Cindy Roleder mit ihrem neuen Trainer Wolfgang Kühne.
In einer Trainingspause redet Cindy Roleder mit ihrem neuen Trainer Wolfgang Kühne. Eckehard Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Natürlich sind Daniela Katzenberger und Dieter Bohlen umstrittene Zeitgenossen. Abscheu und Verehrung wiegen sich in der öffentlichen Meinung über die Show-Stars auf. Auch Cindy Roleder sieht die TV-Quoten-Hascher durchaus differenziert, doch einer gemeinsamen charakterlichen Eigenschaft des Duos zollt sie uneingeschränkt Respekt: „Auch wenn viele ihr Tun mehr als skeptisch beurteilten: Sie haben sich nie beirren lassen, haben ihren Kopf durchgesetzt und sich behauptet“, sagt die 24-Jährige über den „Pop-Titan“ und die „Katze“.

Hochachtung für Beharrlichkeit

Cindy Roleders Hochachtung für Beharrlichkeit auch bei Projekten, die nicht nur Zustimmung erfahren, kommt nicht von ungefähr. Schließlich geht die Leichtathletin gerade selbst ein Wagnis ein. Sie, eine der erfolgreichsten deutschen Hürdensprinterinnen, wechselt das Metier. Die Leipzigerin möchte die Olympischen Spiele 2016 in Rio als Mehrkämpferin erleben. Dafür trainiert sie jetzt in Halle in der Gruppe von Coach Wolfgang Kühne und den Top-Zehnkämpfern Michael Schrader (WM-Zweiter 2013) und Rico Freimuth (WM-Siebter).

Im vollen Wissen: Es ist ein Balanceakt ohne Netz und doppelten Boden. „Ein Zurück zum Hürdensprint gibt es für mich definitiv nicht mehr - auch nicht, wenn ich Rio verpassen sollte. Dann gehe ich halt die Spiele 2020 an“, sagt Cindy Roleder mit fester Stimme.

Sie setzt alles auf eine Karte, weil ihr der Hürdensprint vor allem im Training zuletzt zu eintönig war - und auch die Leistungen stagnierten. „Fünf Mal bin ich 12,91 Sekunden gerannt, es war wie verhext, schneller ging es nicht“, erzählt die einstige deutsche Meisterin und Zweitbeste der deutschen Bestenliste von 2013.

Olympisches Halbfinale 2012 in London

Das Niveau reichte für das olympische Halbfinale 2012 in London und EM-Platz sieben im selben Jahr. „Doch meist habe ich die Finals immer nur auf der Tribüne erlebt. Das wäre wohl auch so weiter gegangen. Ich will aber nicht wie andere nur mitfahren. Ich möchte in den Endkämpfen dabei sein, Chancen auf mehr haben“, sagt die sich zu ihrem Ehrgeiz bekennende Blondine.

Diese Gelegenheit sieht sie nun im Mehrkampf, zu dem sei eigentlich nur zurückkehrt. Bis zum 16. Lebensjahr trainierte sie in Chemnitz viele leichtathletische Disziplinen. „Doch einen Mehrkampf-Trainer gab es in Sachsen nicht, also wurde ich Hürdensprinterin, weil ich dafür das meiste Talent hatte“, erzählt sie. Die Liebe zu dieser Disziplin litt jedoch im Alltagstrott.

Im Oktober 2013 suchte die Bundespolizistin dann das Gespräch mit dem deutschen Cheftrainer Idriss Gonschinska und redete über ihre Ambitionen. Der zeigte Verständnis für ihre Situation. Eine lange Unterredung mit Wolfgang Kühne, dem Bundestrainer Siebenkampf, folgte. Kühne nahm Cindy Roleder in sein Team in Halle auf. Doch er sagt: „Es ist ein Experiment. Jetzt ist noch nicht abzusehen, ob es ein Erfolg wird.“ Seine Zurückhaltung ist begründet: Hochsprung, Speerwurf, Kugelstoßen - bei diesen Disziplinen hapert es noch gewaltig an der Technik. „Da gibt es noch einiges zu tun“, meint Kühne.

"Cindy bringt wirklich hervorragende Voraussetzungen mit"

Doch eines steht für ihn auch fest: „Cindy bringt wirklich hervorragende Voraussetzungen mit. Ihre Kraftwerte zum Beispiel sind besser als die aller anderen Siebenkämpferinnen im Nationalkader.“ Und Rico Freimuth meint: „Das Wichtigste, die Grundschnelligkeit, hat sie. Was noch fehlt, ist technisches Gefühl. Darüber hinaus ist Cindy ein angenehmer Mensch.“ Also geben die Männer ihrer neuen Kollegin gern Tipps - und die liefert ihnen zugleich harte Hürdenduelle. „Sie tut dem Team gut“, sagt Kühne.

Sorgen, dass sie die etablierten Siebenkämpferinnen als Eindringling ablehnen könnten, hat Cindy Roleder übrigens nicht. „Bei einem Lehrgang habe ich sie schon kennengelernt. Da war alles prima. Außerdem: Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt sie. Doch noch ist sie keine echte Konkurrentin. Allerdings: Am Wochenende wurde sie mitteldeutsche Meisterin im Fünfkampf mit 4 105 Punkten. Die deutsche Bestleistung 2013 schaffte Julia Mächtig: 4 463. „Jeder fängt einmal klein an“, postete Cindy Roleder nach ihrer Premiere.