Leben fast ohne Prosecco
Halle/MZ. - Denn die Sache mit dem Plattenvertrag hätte über kurz oder lang sicher trotzdem geklappt, auch ohne Prosecco. Die Zeit ist einfach reif für eine Annett Louisan. Am Freitagabend gab sie ihr "Warm up" in der Händel-Halle.
Inzwischen hat sie ihre große Tour durch Deutschland, die Schweiz und Österreich gestartet. Der Anlass ist ihre neue CD "Das optimale Leben". Nach "Bohème" und "Unausgesprochen" die dritte Scheibe in nur vier Jahren. Und auch sie lässt wieder auf Erfolg hoffen.
Die Bühne schwarz, ein paar Scheinwerfer und eine einfühlsame Band, mehr braucht Annett Louisan nicht. Die kleine Frau im schwarzen Kleid mit den langen blonden Haaren vertraut auf ihre Präsenz. Nur ihretwegen sind die Leute schließlich da, ist die Halle ausverkauft. Doch wer ist Annett Louisan eigentlich, ein Popsternchen oder doch eine Chanconette?
Am besten ist, sie nicht in eine Schublade zu stecken, sich einfach in ihre Musik fallen zu lassen und sie entspannt zu genießen: "Du suchst das optimale Leben, mit Tüv und Garantie...doch sobald du alles hast, willst du mehr." Ein bisschen jazzig sind die Töne, ein bisschen bluesig und beschwingt, ein wenig latinisch, und manchmal wie ein leises, eindringliches Lied. Mit knappen Worten führt die Sängerin mit der Flüsterstimme und dem hintergründig-unschuldigen Lächeln durchs Programm. Sie hat etwas Behutsames, sich mitzuteilen. "Wisst ihr, einige Songs ziehen mir noch immer den Boden unter den Füßen weg", sagt sie.
Und deutlich wird, dass sie nicht nur Geschichten des Alltags erzählt, sondern vor allem Episoden, die sie selbst berührten. Wie jene vom 16-jährigen unglücklich verliebten Mädchen oder jenes Lied, das auf sie aufmerksam machte. "Ich will doch nur spiel'n (,Das Spiel') ist ein Song, der mir sehr viel bedeutet. Danach hat sich mein Leben komplett verändert." Erst drei Jahre ist das her. Zuvor hatte die in der Altmark geborene Annett Päge (Louisan nannte sie sich nach ihrer Großmutter Louise), die nach der Wende mit ihrer Mutter nach Hamburg ging und Kunst studierte, zufällig den Musikproduzenten Frank Ramond kennen gelernt.
Annett bekam kleine Studiojobs; bald schon lieferte sie Ideen für eigene Songs. Ramond schrieb ihre ersten Titel. Komponist Hardy Kayser, der bei der jüngsten Tournee an der Gitarre steht, gab nun der neuen CD seine Prägung. "Die Texte sind aus eigenem Erleben und schonungslos ehrlich", sagt sie. Und dabei zeigt sie durchaus auch ihre komödiantische Seite. "Hier kommt der Gipfel, die Weltsensation... der Mensch, vor dem allen am meisten graut. Hier ist Peter aus Stuttgart, er ist 'ne ehrliche Haut." Am Ende gibt es Standing Ovations, und Annett Louisan raucht ihre "Zigarette danach" ungeniert auf der Bühne. "Ich bin ein leichtgläubiger Mensch, es genügen schon ein paar Komplimente, und ich bin komplett eingelullt", sagt sie betont unschuldig. Und mit einem Augenaufschlag gibt sie den Beifall zurück: "Ihr seid ein tolles Publikum. Geht's euch gut, ja?"