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Lärmschutz-Debatte  Lärmschutz-Debatte: Wird Halle nachts zur 30er-Zone?

Von Oliver Müller-Lorey 19.01.2019, 07:00
Auch für die Luwu wird ein nächtliches Tempolimit geprüft. Können Anwohner so vom Lärm entlastet werden?
Auch für die Luwu wird ein nächtliches Tempolimit geprüft. Können Anwohner so vom Lärm entlastet werden? Silvio Kison/dpa/MZ Montage

Halle (Saale) - Besonders an Sommerabenden stehen Anwohner von  Hauptverkehrsstraßen vor einer schwierigen Entscheidung: Fenster offen und den Verkehrslärm ins Zimmer lassen, oder Fenster schließen, aber dafür schwitzen.

Die Stadt Halle prüft noch in diesem Jahr, wie Anwohner vor Straßenlärm geschützt werden können und zieht dafür nächtliche Tempolimits von 30 Kilometern pro Stunde selbst auf Hauptstraßen in Betracht. Unter anderem könnten zwischen 22 und 6 Uhr die Magistrale, die Trothaer- und Reilstraße, die Freiimfelder-, Brunnen- und Seebener Straße sowie der Uniring von dem Tempolimit betroffen sein.  Ob und wann die Regelungen umgesetzt werden, ist aber noch völlig offen.

So laut wie eine Waschmaschine: Wie viele Hallenser sind nachts von Lärm betroffen?

Grundlage ist der sogenannte Lärmaktionsplan, den die Verwaltung am Donnerstag im Ordnungsausschuss präsentiert hat. Aufgrund einer EU-Verordnung muss die Stadt alle fünf Jahre  die Lärmbelastung in Halle  untersuchen und Gegenmaßnahmen erarbeiten. Dazu zählen nicht nur Tempolimits, sondern auch das Aufbringen von lärmminderndem Asphalt. Das wird für die Emil-Abderhalden-Straße und die Richard-Wagner-Straße - dort liegen noch Betonplatten aus DDR-Zeiten -  geprüft.

In Halle sind nach Angaben der Verwaltung tagsüber 52 000 Personen durch Straßenlärm  von einem Schallpegel betroffen, der zwischen 55 und 75 Dezibel liegt. Nachts sind es 39 000 Hallenser. Ein Pegel von 55  Dezibel ist mit dem Geräusch eines Kühlschranks vergleichbar, einer von 75 Dezibel mit einer Waschmaschine beim Schleudern.

Tempo 30 auf Halles Hauptstraßen?: Bei wem die idee auf Widerstand stößt

Der Fraktionsvorsitzende der CDU/FDP, Andreas Scholtyssek, warnte vor vorschnellen Schritten. „Hauptstraßen wie die Dessauer, die Luwu oder die Freiimfelder Straße mit einem Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde  zu belegen, sehen wir sehr kritisch. In Wohngebieten, vor Kitas und Schulen mag das sinnvoll sein, aber auf Hauptstraßen ist das nicht zweckmäßig“, sagte er.

Gerade nachts seien die Straßen doch leer, warum solle man da den Verkehr ausbremsen? Scholtyssek kritisierte außerdem, dass die Schallpegel nur berechnet und nicht gemessen werden. Dieses Verfahren hatte der Stadtverantwortliche der Verwaltung am Donnerstag bestätigt.

Auch ADAC hält Tempo 30-Lösung für wenig sinnvoll

hnlich wie Scholtyssek positioniert sich der ADAC. Die für Sachsen-Anhalt zuständige Sprecherin Christine Rettig sagte: „Schilder aufzustellen ist zwar immer die Lösung mit dem wenigsten Aufwand, bringt aber meist auch am wenigsten.  Solche allgemeinen Maßnahmen sind oft ziemlich unwirksam.“ Weil jede Straße anders sei, müsse individuell statt pauschal nach Lösungen gesucht werden.

Zudem würden Untersuchungen zeigen, dass ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde kaum Lärmminderung und teilweise sogar eine Verschlechterung bedeute. So würden manche Fahrer in einem niedrigeren Gang unterwegs sein, was lauter sei.

Nachts Tempo 30 auf Hauptstraßen?: Grünen-Stadtrat begrüßt die Idee

Wolfgang Aldag, Stadtrat für die Grünen, sagte hingegen, er begrüße ein Tempolimit, wenn dadurch eine Lärmminderung erreicht werden könne. „Viele Hallenser sind betroffen und nächtliche Tempolimits könnten zudem zu weniger Schadstoffen und einer höheren Verkehrssicherheit beitragen.“ Ein Tempolimit auf der Ludwig-Wucherer-Straße sehe er unkritisch, da dort durch die Ampelschaltung sowieso oft Stau herrsche.

Eine flächendeckende Tempo-30-Zone für die ganze Innenstadt, wie es manche Parteifreunde fordern, lehne er jedoch ab. (mz)