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Kunst des ehemaligen Burg-Direktors Paul Thiersch  Kunst des ehemaligen Burg-Direktors Paul Thiersch : Die großen Entwürfe für Halle

Von Silvia ZÖLLER 14.04.2015, 14:22
Die Kröllwitzer Brücke entstand nach Thierschs Plänen.
Die Kröllwitzer Brücke entstand nach Thierschs Plänen. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - An der Burg Giebichenstein wird gefeiert: Die Kunsthochschule besteht seit genau 100 Jahren. Und an vielen Stellen der Stadt und darüber hinaus hat der erste Direktor Paul Thiersch der damals neuen Einrichtung gewirkt: auch im Landesmuseum, in der Moritzburg, am Flughafen Leipzig/Halle.

Kröllwitzer Brücke ist beliebtes Fotomotiv

Markantestes Bauwerk in Halle ist aber die neue Giebichensteinbrücke, die Thiersch 1926 zusammen mit dem Künstler Gerhard Marcks entwarf - von Marcks stammen auch die Figuren Kuh und Pferd. Die Steinbrücke, die 1928 fertiggestellt wurde, ersetzte damals eine Stahlkonstruktion. Heute ist die Überführung mit der Burg Giebichenstein im Hintergrund eines der beliebtesten Fotomotive in Halle.

Doch das, was an der neuen - damals noch Kunstgewerbeschule genannten Einrichtung - ohne akademischen Drill und mit viel Praxis gelehrt wurde, war auch schon bald nach Thierschs Amtsantritt in einem öffentlichen Gebäude zu sehen: Das Treppenhaus des ebenfalls neuen Landesmuseums wurde 1917 im Auftrag der Stadt von der Kunstgewerbeschule gestaltet. Und noch immer schmückt das opulente Wandgemälde den Aufgang des Museums.

Die Kunstgewerbestadt Halle

Anlässlich der Ausstellung „Professoren der Burg“ im Rahmen des Jubiläums gibt es am Dienstag, 21. April, 18.30 Uhr, im Volkspark einen Vortrag: „Thiersch in Halle“ von Johann Stief.

Und auch in der Folge förderte die Stadt die Entwicklung der Schule - Oberbürgermeister Richard Robert Rive war einer der wichtigsten Fürsprecher. So übernahm die Stadt Entwürfe der Studenten für Plakate, Prospekte und sogar für Geldscheine, wie die frühere Moritzburg-Direktorin Katja Schneider in einem bereits früher erschienenen Aufsatz schreibt. Rive hatte dabei ein Ziel: Halle als Kunstgewerbestadt berühmt zu machen. Das gelang schnell: Schon bald galten die Exponate hallescher Studenten auf der Leipziger Mustermesse als erstklassig; in Berlin, Köln und Hamburg waren die Produkte der Burg in Ausstellungen und Galerien zu kaufen.

Paul Thiersch wurde 1879 in München geboren. Er stammt aus einer Familie, die von Kunst und Wissenschaft geprägt war. Dennoch lernte er zunächst den Beruf des Maurers, bevor er später an der Kunstgewerbeschule Basel und an der Technischen Hochschule München studierte. Er arbeitete danach als Architekt, zudem unterrichtete er in Berlin auch Architekturzeichnen.

An der neu gegründeten Kunstgewerbeschule Halle bewarb er sich 1915 als Leiter. Sein Können überzeugte: Er wurde in diese Position gewählt und setzt sich gegen 76 Mitbewerber durch. Bis 1928 leitete er die neue Einrichtung, die aus dem Zusammenschluss der ehemaligen Provinzial-Gewerbeschule und der Gewerblichen Zeichenschule entstanden war. Vorbild waren für Thiersch die Ideale des Dessauer Bauhaus. Ab 1921 baute Thiersch zusammen mit Stadtbaurat Wilhelm Jost die Unterburg Giebichenstein für die Schule aus. Nach wie vor hat die Kunsthochschule dort Ateliers.

1928 wechselte Thiersch resigniert an die Technische Hochschule Hannover. Er war in Halle wegen seiner Auffassungen zur Moderne kritisiert worden und hatte sich hier vergeblich um Bauprojekte beworben, zum Beispiel sein umstrittenes Stadthallenprojekt. Thiersch starb unerwartet am 15. November 1928.

In Halle baute Thiersch die zuvor als rückständig geltende frühere Handwerkerschule nicht nur inhaltlich zu einem modernen Lehrbetrieb um, sondern auch baulich: Ab 1921 wurde die Unterburg Giebichenstein für die neue Kunstgewerbeschule aus- und umgebaut. Buchbinderei, Emaillewerkstätten, Raumausstatter und andere Werkstätten fanden hier ihre Heimat.

Parallel dazu bekam Thiersch eine weitere Aufgabe. Er war bis 1926 Leiter des Museums Moritzburg, dessen Ausstellung er um Werke von Emil Nolde, Franz Marc und Oskar Kokoschka erweiterte. Und auch im Stadttheater Halle war Thiersch omnipräsent: Kaum eine Inszenierung entstand damals ohne ein Bühnenbild des Künstlers. Sein Stil sollte sich auch am Neubau des Flughafens Leipzig/Halle wiederfinden: Er entwarf dort 1926 im Bauhaus-Stil zwei Flugzeughallen und ein zentrales Terminal dazwischen. Verwirklicht wurde jedoch nur eine der beiden Hallen und ein Terminal, die 1944 vom Bomben zerstört wurden.

Paul Thiersch
Paul Thiersch
Archiv Burg Giebichenstein Lizenz
Der erste Auftrag der Stadt an die neue Kunstgewerbeschule unter Paul Thiersch war die Ausmalung des Treppenhauses im Landesmuseum.
Der erste Auftrag der Stadt an die neue Kunstgewerbeschule unter Paul Thiersch war die Ausmalung des Treppenhauses im Landesmuseum.
Günter Bauer Lizenz
Den Hangar und das Terminal am Flughafen Leipzig/Halle sind 1927 nach Entwürfen von Thiersch entstanden. Bomben zerstörten die Gebäude 1944.
Den Hangar und das Terminal am Flughafen Leipzig/Halle sind 1927 nach Entwürfen von Thiersch entstanden. Bomben zerstörten die Gebäude 1944.
Archiv Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte Lizenz