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Komiker im Steintor-Varieté in Halle  Komiker im Steintor-Varieté in Halle : Anarcho-Klamauk mit Kurt Krömer

Von Andreas Montag 02.10.2014, 09:30
Gibt sich gern als jemand anderes aus: Kurt Krömer: „Mäuschen, weißt Du, wer ich bin? Ich bin Kai Pflaume!“
Gibt sich gern als jemand anderes aus: Kurt Krömer: „Mäuschen, weißt Du, wer ich bin? Ich bin Kai Pflaume!“ Agentur Lizenz

Halle (Saale) - Kurt Krömers Humor ist  sehr speziell, dafür liebt ihn sein Publikum. Am Mittwoch war Halle der Schauplatz seiner Brachialattacken, am Donnerstag tritt er dort erneut an. Und wer sich in die erste Reihe setzt, wird hoffentlich wissen, was ihm vielleicht blüht. Zum Beispiel könnte ihm (oder ihr) Herr Krömer schmatzende Küsse zur Begrüßung verpassen und die Frisur mit Hingabe verwüsten, um anschließend festzustellen, die Zielperson sehe ganz gut aus - „bis off de Haare“.

 Zur Einstimmung hat Krömer am Mittwoch  im  Steintor-Varieté ein Endlos-Video abspielen lassen, das den Betrachter aus der Lokführer-Perspektive an der Fahrt durch eher unspektakuläre Landschaften teilhaben lässt. Faszinierend. Und sehr subtil. Denn man dachte natürlich umgehend an die Streiklust der Eisenbahnkutscher. Von der Bahn ist später auch mal die Rede, Krömer berichtet über den skandalösen Umstand eines fehlenden Bistro-Wagens, den die Kollegen vergessen hatten: Vergessen! Einen hundert Meter langen Bistro-Waggon einfach vergessen! Krömer steigert sich  mit Wollust in seine Übertreibungen, bis ins Absurde. Das zeichnet den Mann aus. Später kommt er auf die 104-Jährige, eben verwitwete  Hildegard zu sprechen, die mit einem Bollerwagen aus Leipzig gekommen sei und 500, nein 1.200 Gläser selbst gemachter Marmelade im Foyer des Varietés anböte. Das ist schon, um es mal in Krömerscher Diktion zu sagen, saugut.

Mit freiem Oberkörper unter die Gürtellinie

Zunächst in kleidsamen karierten Hosen und einem geringelten „Schnuffelpulli“ aufgelaufen, agiert der eben noch 39-jährige  Ur-Berliner dann im Hemd - und schließlich mit freiem Oberkörper. So gibt er den Blick auf sein Bäuchlein frei: „Essen ist der Sex des Alters“, sagt Krömer, da freut sich die Gemeinde. Auch ein paar über Sechzigjährige sind dabei, was den Komiker zu einer hübschen Abschweifung über die bevorzugte Zielgruppe der Fernsehsender anregt, die 14- bis 49-Jährigen.

An die älteren Herrschaften gewandt, ruft Krömer bissigen Trost: „Wenn das hier eine RTL-Veranstaltung wäre, würden sich jetzt so langsam Leute von hinten an Euch ranpirschen.“ Pause. „Mit’m Bolzenschussgerät!“

Krömer ist bissig, böse, zotig.  Wenn er mit Schmackes unter die Gürtellinie greift, wird die Peinlichkeit im Saal bejubelt - vielleicht auch aus Verlegenheit, weil der Komiker hier zum Medium wird, das alle an ihre dunklen Seiten erinnert. Das lacht man dann weg - und darf es auch. Der Abend soll ja der Unterhaltung dienen. Zum Beispiel mit einer Frau, die bei Telefonauskunft Spätdienst hat: „Mäuschen, weißt Du, wer ich bin? Ich bin Kai Pflaume!“ Nein, das glaubt die Dame nicht: „Der hat eine völlig andere Stimme“.

Krömer macht auch mal einen politischen Witz. Nur über die FDP nicht mehr: „Ich habe erreicht, was ich wollte: Ein ,Smart‘ hat mehr Sitze“. Dann, sagt Krömer, habe er „der NPD mal so richtig auf den Sack gehen wollen“, aber „die gehen um 18 Uhr immer schon in ihre Höhle“. Einen Witz über seine Freundin, den er angeblich nicht machen wollte, macht er dann doch und bekommt, wie verabredet, von einer jungen Frau ein rohes Ei „in die Fresse“. Nach Zugaben und dem langen Applaus tönt Roger Whittakers Stimme aus dem Boxen: „Abschied ist ein scharfes Schwert“. „Abschied“ heißt auch Krömers Tour. Aber keine Angst: Der kommt bestimmt wieder. (mz)

Kurt Krömer war am Mittwoch in Halle zu Gast.
Kurt Krömer war am Mittwoch in Halle zu Gast.
dpa Lizenz