300 Jahre Geschichte an der Ulrichskirche Kleine Märkerstraße in Halle: Dieser Mann rettet die alte Kaffeerösterei

Halle (Saale) - Eigentlich war es hier fünf nach zwölf: Kaum mehr vorstellbar schien bis vor kurzem, wie der Verfall der beiden Häuser hinter der Ulrichskirche noch aufzuhalten wäre. Doch plötzlich begann dort ein Wunder Gestalt anzunehmen: An der Vorderfassade steht nun ein Baugerüst mit einigen Infos zu den Gebäuden, vor denen seither fast minütlich Passanten stehen bleiben: Und sich wohl stets fragen, wer so ein Wagnis auf sich genommen hat.
Neues von der alten Kaffeerösterei: Dieser Hallenser saniert das denkmalgeschützte Haus
Die Antwort: ein Mann, der seit einem Vierteljahrhundert Hallenser ist, der Notar Ludwig Schlereth. Ursprünglich suchte er nur eine Wohnung für sich, weil ihn diese „so ruhige Lage mitten in der Innenstadt“ - mit Blick über die Dächer und Türme überzeugt habe. Doch inzwischen ist er Investor und der Organisator der Sanierung eines Objekts, das einst auf der Roten Denkmalliste stand: als die einstige Kaffeerösterei.
Was aber auch nur ein Teil jener Geschichte ist, die sich verbindet mit der Adresse Kleine Märkerstraße 5. Im Jahr 1702 für Siegesmund Dreßler errichtet, wurde das Haus ausgangs des 19. Jahrhunderts vom Kolonialwarenhändler Carl Haenert übernommen und die Fassade neu gestaltet.
Nachbarhaus in der Kleinen Märkerstraße hat ebenfalls lange Geschichte
Das benachbarte Haus Kleine Märkerstraße 6 mit seinem „kreuzgratgewölbten“ Erdgeschoss wird auf 1834 datiert und soll zunächst als Ölraffinerie und Wagenremise gedient haben. Im Obergeschoss habe es zudem eine Seilerei gegeben, so hat es Andreas Rühl herausgefunden - der amtierende Leiter der Abteilung Denkmalschutz der Stadt.
Bauherrenvertreter Schlereth meint freilich, dass Keller und Grundmauern noch älter sein dürften - und geht entsprechend achtsam an das Projekt heran. Heißt, dass etliche der Mauern nach innen hin freigelegt sind und so den künftigen Nutzern oder Bewohnern die Aura der langen Hausgeschichte vermitteln.
Ziehen später Weinlokal und ein Café in die alte Rösterei?
Ähnliches hofft Schlereth auch von dem freigelegten Gewölbe, unter dem er sich künftig ein Weinlokal vorstellen könnte: Wie nebenan etwa auch ein Café, was zur einstigen Kaffeerösterei ja passen würde. Insgesamt läuft die Sanierung in den historischen Vordergebäuden zudem auf acht Wohneinheiten mit insgesamt 800 Quadratmetern hinaus - mit modernstem Standard und sogar Fernwärme. Im seit 2017 fertigen und bereits bezogenen Hofgebäude gibt es zehn Einheiten auf tausend Quadratmetern.
Neubau in der Christian-Wolff-Straße soll Hofkarree wieder komplett machen
Gänzlich abgerissen (weil aus Denkmalschutz-Sicht nicht relevant gewesen) ist das weitaus jüngere Haus in der Christian-Wolff-Straße, das einst das Hofkarree komplettierte - und künftig als Neubau auch wieder komplettieren soll.
Schlereth hofft, den Bau an die Komplettsanierung der Häuser in der Kleinen Märker Straßen unmittelbar anschließen zu können: Die Position des Krans im Hof wäre dafür schon die passende. Was alles aber auch bedeutet, dass der Zeitplan des Vorhabens ziemlich sportlich ist.
Investor hat sich engen Zeitplan gesetzt
Ein Richtfest wird es dieser Tage schon geben, das Dach soll bis Jahresende dicht und die Wohnungen sollen bezugsfertig sein. „Nächstes Jahr hier ein Glas Wein im Gewölbe - das wär’s“, sagt Ludwig Schlereth mit Blick auf das Ganze.
Letztere Hoffnung gründet er übrigens insbesondere auf die Nachbarschaft zu der als Konzerthalle sehr regelmäßig genutzten und zugkräftigen Ulrichskirche, deren Besucher - anders als bisher - dann ja „gleich nebenan einkehren“ könnten. Insgesamt ist aber auch diese Sanierung ein Drahtseilakt, der - so Investor Schlereth - nur dank einer verständnisvollen Zusammenarbeit mit den Denkmalschützern möglich geworden sei. (mz)



