Kita-Zusatzkosten zweckentfremdet? Kita-Zusatzkosten zweckentfremdet?: Am Pranger: Volkssolidarität rechtfertigt sich

Halle (Saale) - Zu zahlende Zusatzkosten sorgen derzeit in mehreren halleschen Kitas für Diskussionen. Die Eltern wollen von den jeweiligen Trägern wissen, wofür das Geld ausgegeben wird. In einer Einrichtung der Volkssolidarität Saale-Kyffhäuser (VS) ist der Streit mittlerweile eskaliert. Geschäftsführer Dirk Jürgens muss sich in den kommenden Monaten sogar vor dem Landgericht rechtfertigen, wofür er die Einnahmen verwendet. Auch die Stadtverwaltung hat ihn dazu bereits befragt.
Je nach Kita erhebe die Volkssolidarität laut Jürgens zusätzlich zu den gesetzlichen Betreuungsgebühren 10 bis 40 Euro je Familie pro Monat. Laut dem Geschäftsführer wird das Geld für die Hauswirtschaft, Ausflüge und Eintrittsgelder ausgegeben – Kosten, die er per Gesetz nicht refinanzieren könne und deshalb auf die Familien umlege.
„Die Stadt Halle teilte uns mit, dass Hauswirtschaftskosten auch künftig durch die Eltern zu tragen sind“
Die Eltern hätten zugestimmt, dass auch die Hauswirtschaftskraft über die Zusatzkosten bezahlt wird. Sonst müsste jede Familie selbst den Abwasch nach dem Kita-Frühstück erledigen oder eigenes Geschirr mitbringen. „Die Stadt Halle teilte uns bereits mit, dass Hauswirtschaftskosten auch künftig durch die Eltern zu tragen sind“, so Jürgens.
In der Kita Lebensbaum am Zoo, um die sich der Rechtsstreit mit der VS maßgeblich dreht, wurde mit Hilfe der Zusatzkosten sogar das Grundstück saniert. Die VS habe nach der Übernahme 2017 ungesicherte Steckdosen, lose Stromkabel und eine eingestürzte Mauer reparieren müssen. Da sich das Kita-Gebäude im Privatbesitz befindet, bekam die VS keinen Zuschuss für die Sanierungen. „Wir entschieden, den Zusatzbeitrag statt wie zuvor zur Trägerfinanzierung, künftig dieser Kita zur Verfügung zu stellen“, sagt Jürgens.
Personal- und Betriebswirtschaftskosten werden durch den öffentlichen Jugendhilfeträger finanziert
Rechtlich betrachtet, ist das Vorgehen des Geschäftsführers Dirk Jürgens jedoch fragwürdig. Die Stadtverwaltung hatte bereits im Zuge der Debatte um die Zusatzkosten im Jugendhilfeausschuss mitgeteilt, dass die Gebühren ausschließlich für pädagogische Leistungen, Ausflüge, Abschlussfahrten und Feste ausgegeben werden dürfen.
Personal- und Betriebswirtschaftskosten werden hingegen durch den öffentlichen Jugendhilfeträger finanziert. Die Zuschüsse werden mit den Einrichtungen jeweils ausgehandelt. Pflegemittel wie Windeln oder Sonnencreme müssen die Eltern mitbringen. Das Geld für das Mittagessen wird ebenfalls den Familien in Rechnung gestellt. Nachdem mehrere Familie die Verwendung der Zusatzkosten in der Kita Lebensbaum hinterfragt hatten, entfachte eine Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer.
„Die Eltern haben lediglich zugestimmt, dass der Zusatzbeitrag für konzeptionelle Zwecke verwendet wird“
„Die Eltern haben lediglich zugestimmt, dass der Zusatzbeitrag für konzeptionelle Zwecke verwendet wird“, sagt Jens Stiehler, Anwalt einer betroffenen Familie. „Die Eltern wussten nicht, dass die Zusatzkosten auch für die Renovierung oder für Personalkosten ausgegeben wurden“, fügt er hinzu. Die VS hatte dieser Familie unterdessen sogar den Betreuungsvertrag für die beiden Kinder gekündigt, was ein Richter mittlerweile jedoch rückgängig gemacht hat.
Die Volkssolidarität steht noch aus einem anderen Grund im öffentlichen Fokus. Der Träger, der die halleschen Kitas unter der Kinderland Halle gGmbH betreibt, hatte 2017 nicht nur die Kita Lebensbaum übernommen, sondern wurde per Stadtratsbeschluss auch zu einem der größten Kita-Träger der Saalestadt.
Unter Protesten übernahm die Volkssolidarität insgesamt 14 Einrichtungen des insolventen Trägers SKV, darunter befinden sich auch einige Schulhorte. „Es war eine Fehlentscheidung, diesem Träger die Kitas zu übergeben“, sagt der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Detlef Wend (Mitbürger/Die Partei), nun im Rückblick. (mz)