Keine Lockerungen für Kneipen und Gaststätten Keine Lockerungen für Kneipen und Gaststätten: Gastronomen sind verärgert

Halle (Saale) - Eine Frau mit Mundschutz läuft auf dem Neumarkt bis zum „Bewaffel Dich“. „Haben Sie schon wieder geöffnet“, fragt die Hallenserin. Geschäftsführerin Mary Gringer, die vor ihrem Café steht und neue Ware empfängt, schüttelt den Kopf: „Wir verkaufen erst ab Montag wieder Waffeln zum Mitnehmen.“ Ein Schritt, um trotz Schließung wenigstens ein bisschen Geld einzunehmen. Die potenzielle Kundin macht enttäuscht auf dem Absatz kehrt.
Seit vier Wochen bleiben die Waffeleisen in dem beliebten halleschen Café in der nördlichen Innenstadt kalt. Wie lange dieser Zustand noch anhält, ist ungewiss. Die Landesregierung erlaubt, dass kleinere Läden ab Montag wieder öffnen dürfen. Die Entscheidung für Restaurants und Kneipen hängt hingegen weiter in der Luft. Das Land will Anfang Mai erneut beraten, welche Maßnahmen der Corona-Eindämmung gelockert werden können.
OB hatte sich weitere Lockerungen gewünscht
Auf MZ-Nachfrage hatte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) zwar gesagt, dass er sich weitere Lockerungen gewünscht hätte, er will jedoch mit der Landesregierung an einem Strang ziehen.
Gastronomen üben an der Regelung massive Kritik. „Ich bin entsetzt, dass die Gastronomie auf diese Art und Weise diskriminiert wird“, sagt Michael Schmidt, Präsident des Dehoga-Landesverbands Sachsen-Anhalt, der Hotels und Gaststätten vertritt. Seine Argumentation: Die Branche hätte die meiste Erfahrung darin, Hygienevorschriften einzuhalten. Bei schönem Wetter an der frischen Luft, wie in Biergärten oder Cafés mit Freisitzen, sei die Ansteckungsgefahr zudem recht gering.
„Mit 60 Prozent des bisherigen Lohns auszukommen, ist im Gastgewerbe ein Ding der Unmöglichkeit“
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisiert zudem, dass das staatlich gezahlte Kurzarbeitergeld in der Gastronomie nicht ausreiche. „Mit 60 Prozent des bisherigen Lohns auszukommen, ist im Gastgewerbe ein Ding der Unmöglichkeit“, betont NGG-Geschäftsführer Jörg Most.
In Sachsen-Anhalt blieben zum Beispiel einem Koch, der keine Kinder hat und Vollzeit arbeitet, ein Jahr nach der Ausbildung am Monatsende nur noch rund 750 Euro - wenn nach Tarif bezahlt werde, was oft nicht der Fall sei. In Halle seien rund 4.300 Menschen im Gastgewerbe tätig. Die Gewerkschaft fordert deshalb, das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des Nettogehalts zu erhöhen.
„Bisher kommen noch nicht viele Kunden“
Auch die drei Geschäftsführer des „Bewaffel Dich“ haben für ihre vier Mitarbeiter Kurzarbeit sowie Soforthilfe beantragt. „Damit kommen wir noch eine Weile über die Runden. Wir hoffen aber, dass es bald weitergeht“, sagt Gringer. Der Waffelverkauf zum Mitnehmen im Café und der Essenswagen vor dem Hermes-Center, der sonst bei Festivals im Einsatz ist, seien Hoffnungsschimmer. Allerdings wisse niemand, ob die Kunden wieder vorbeikommen oder aus Vorsicht trotzdem lieber zu Hause bleiben.
Diese Erfahrung macht das asiatische Restaurant Viet Village derzeit in der Kleinen Ulrichstraße. Seit Mittwoch bietet die Gaststätte Speisen zum Abholen an. „Bisher kommen noch nicht viele Kunden“, sagt Mitarbeiter Cong Vu. Er wüsste nicht, woran das liege. Allerdings seien alle Restaurants der Flaniermeile geschlossen, sodass sich kaum mehr jemand in die sonst belebte Straße verirre. Durch die Krise verschiebt sich auch die Eröffnung des neuen Lokals in der alten Drogerie am Reileck, die eigentlich für Mai angedacht war. „Ich hoffe, dass wir im Juni eröffnen können“, sagt Inhaber André Verron. Die Eismaschinen aus Italien könnten derzeit zum Beispiel nicht geliefert werden. (mz)