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Karstadt ist nun Geschichte

Von Heidi Pohle 15.04.2007, 16:40

Halle/MZ. - Doch das hätte sie lieber bleiben lassen, wie sie nach einem kurzen Gang durch den Mini-Verkaufsraum am Eingangsbereich feststellt. Denn das Warenhaus in der Mansfelder Straße, in das sie einst ganz gern ging, ist kaum wiederzuerkennen: Ein paar Taschenbücher liegen noch herum, einige Haushalts- und Schreibwaren. Und jede Menge Herrenunterhosen, lang und kurz in Weiß, das Stück für zwei Euro. "So sieht es also aus, wenn ein Warenhaus schließt", sagt sie und macht sich wieder auf den Weg.

Fast alle Regale und Kleiderständer im Erdgeschoss des langen Gebäudes sind weggeräumt, große Flächen abgesperrt. Hier und da ist nacktes Mauerwerk zu sehen. Von Dekoration keine Spur, auch in den Schaufenstern nicht; "besser karstadt" kann man hier und da noch eine Werbebotschaft lesen und: "Frühstück für 1,95 Euro". Alles Geschichte. Bis zum Ende des Monats wird das Haus komplett geräumt.

Die Schließungspläne waren vor rund einem Jahr bekannt geworden. Das Haus arbeite nicht rentabel genug, lautete die Begründung. Seit Ende 2006 wurden Sonderposten, preiswerte Waren und Auslaufmodelle angeboten. Bis zum vergangenen Samstag.

Jaqueline Brachmann stand da ein letztes Mal an der Kasse. Kassierte und redete mit den Kunden ein paar Worte: "Vielen tut es leid, dass es uns nun nicht mehr gibt", erzählt sie. Und etliche Stammkunden seien sogar gekommen, um sich zu verabschieden. Da hat sie Mühe, Tränen zurückzuhalten. 17 Jahre arbeitete die 34-Jährige bei Karstadt. "Karstadt - der Name war für mich stets gleichbedeutend für Verlässlichkeit", sagt sie resigniert. Noch vor ein paar Jahren hätte sie es nicht für möglich gehalten, dass solch ein Haus jemals geschlossen werden könnte. Nun geht sie in eine Transfer-Gesellschaft, um sich zu qualifizieren wie all jene ihrer Kollegen, die nicht in anderen Filialen eine Anstellung bekamen oder selbst Arbeit fanden. Der Samstag endete mit einem letzten Beisammensein aller Kollegen.

Ohne Karstadt wird sich die Mansfelder Straße verändern. Da hat Lothar Grundemann, der in der Hafenstraße wohnt, überhaupt keinen Zweifel. "Öde und leer wird es werden", sagt er, winkt ab und geht weiter. Ilka Nedelev hat das schon zu spüren bekommen. Sie arbeitet in der Fleischerei an der Haltestelle: "Dass bei Karstadt der Ausverkauf läuft, spüren wir seit Monaten." Künftig würden wohl noch weniger Kunden kommen, befürchtet sie. Der Bäcker nebenan sei schon lange weg, der Gemüseverkauf ebenfalls.

Sorgen macht sich auch Sibylle Siebelts. Ihr gehört ein Laden für gebrauchte Kinderbekleidung. "Seit acht Jahren bin ich in der Mansfelder Straße, hier sind die Mieten noch erschwinglich", sagt sie. Ob sie es schafft, ihr Geschäft zu halten? Wer weiß, es werde schwer, in einer Straße zu bestehen, in die kaum noch Leute kommen. Der große Magnet, das Karstadt-Warenhaus, sei ja nicht mehr da. "Aber die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt sie und ist froh, dass ihr Nachbar, der das Fahrrad-Geschäft betreibt, vorerst auch bleibt. Vielleicht finde sich ja ein Interessent, der aus dem einstigen Warenhaus etwas macht. Vielleicht. Aus der Essener Zentrale hieß es nur, dass derzeit Gespräche liefen...