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Kanuslalom Kanuslalom: Irres Comeback von Kai und Kevin Müller

Von Christian Elsaesser 05.05.2015, 07:36
Tränen des Glücks: Kevin Müller nahm die Qualifikation mit viel Emotion auf.
Tränen des Glücks: Kevin Müller nahm die Qualifikation mit viel Emotion auf. Alexander Funk Lizenz

Halle (Saale) - Als alles vorbei war, gab es nur noch Emotion. Totale Ausgelassenheit. Pure Glückseligkeit. Kevin Müller fiel seinem Zwillingsbruder Kai in die Arme, drückte ihm völlig außer sich einen riesigen Kuss auf die rechte Wange. Und auch die Tränen konnte der Slalomkanute am Sonntag in Augsburg irgendwann nicht mehr wegdrücken. Und wer wollte ihm das verdenken? Sie war erreicht, die Qualifikation für die WM und die EM. Das scheinbar Unmögliche war tatsächlich noch gelungen. Das Glück hatte sich gewendet.

Es waren psychisch zwei außergewöhnlich belastende Wochenenden für das Canadier-Doppel vom Böllberger SV. Und wer das verstehen will, muss den Qualifikationsmodus der Sportart kennen. Drei Boote dürfen mit zu den Titelkämpfen, die nationale Spitze ist aber extrem ausgeglichen. Also fahren alle Duos vier Läufe gegeneinander, das schlechteste der vier Einzelergebnisse wird gestrichen.

1. Behling/Becker (MSV Buna Schkopau) 113,23, 2. Schröder/Bettge (Leipziger KC) 119,76, 3. Anton Benzien (Leipziger KC) 120,35, .. 9. Müller/Müller (Böllberger SV) 170.98

1. Anton Benzien (Leipziger KC) 104,40, 2. Behling/Becker (MSV Buna Schkopau) 106,95, 3. Schröder/Bettge (Leipziger KC) 108,99, .. 4. Müller/Müller (Böllberger SV) 109,57

1. Müller/Müller (Böllberger SV) 12208, 2. Anton Benzien (Leipziger KC) 122,78, 3. Behling/Becker (MSV Buna Schkopau) 123,21

1. Behling/Becker (MSV Buna Schkopau) 113,76, 2. Anton Benzien (Leipziger KC) 114,09, 3. Müller/Müller (Böllberger SV) 115,34

Kai und Kevin Müller hatten früh gepatzt. Schon am ersten Wochenende in Markkleeberg hatten sie gleich im ersten Lauf ihr Streichergebnis eingefahren. Es war der Moment, in dem klar war: Jeder weitere Fehler würde nun das Aus bedeuten. „Und für uns hängt viel daran“, erzählt Kai Müller. „Wir sind bei der Bundeswehr. Wenn du dich nicht qualifizierst, bist du auch ganz schnell mal raus aus der Förderung.“

Den zweiten Lauf in Markkleeberg vor Wochenfrist hatten sie ordentlich nach unten gebracht. Doch die Ausgangslage für Augsburg war klar: Alles muss passen.

Geburtstagsfeier mit der Mutter

Schon am Montag voriger Woche waren sie deshalb nach Bayern gereist. „Wir waren jeden Tag auf dem Wasser“, erzählt Kai Müller. Doch neben dem Training war eines noch viel wichtiger: irgendwie den Kopf freikriegen. „Wir haben versucht, Abstand zu bekommen, denn man zweifelt in so einer Situation schon an sich“, erzählt Kai. „Aber wir haben viel mit unserem Trainer geredet, die Familie hat uns Mut zugesprochen.“ Mehr noch: Der Anhang reiste sogar extra aus Magdeburg nach Augsburg. Am Freitag vor dem ersten Rennen feierten alle gemeinsam den Geburtstag der Mutter.

Und auf einmal lief alles wie von selbst. Am Samstag feierten die Müllers den Sieg im ersten Rennen von Augsburg. Vor den Leipzigern Franz Anton und Jan Benzien sowie den Schkopauern Robert Behling und Thomas Becker. Am Sonntag ließen sie einen dritten Platz folgen. Hieß in der Gesamtwertung nach vier Läufen tatsächlich noch Rang drei. Die Qualifikation war geschafft.

Als sich die erste Emotion gelegt hatte, wagten sich die Brüder an die Analyse. Der knifflige Parcours am Samstag war ihnen entgegengekommen. „Wir mögen schwierigere Strecken. Das liegt uns mehr, als wenn der Kurs eine Autobahn ist - immer geradeaus. Da ist es viel schwieriger, Zeit herauszuholen.“

„Können mit Druck umgehen“

Doch weit mehr als das Technische zählte, wie die Müller-Brüder ihr Comeback hinbekommen hatten, nachdem sie so früh mit dem Rücken zur Wand gestanden hatten. Und das werteten sie dann auch für sich selbst als gutes Zeichen. „Wir haben gezeigt, dass wir auch in problematischen Situationen mit Druck umgehen können“, erklärte Kai Müller.

Und der Druck wird zwangsläufig zunehmen. Bei WM und EM dürfen drei Boote pro Nation starten - im kommenden Jahr aber gilt mit Blick auf Olympia in Rio: Nur einer wird gewinnen.

Ein Kuss für den Bruder: Kevin Müller (r.) und Kai
Ein Kuss für den Bruder: Kevin Müller (r.) und Kai
Alexander Funk Lizenz