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Ein Jahr danach Jom Kippur in Halle (Saale) - Nach Anschlag von Halle: Jüdische Gemeinde feiert wieder

Von Jonas Nayda 29.09.2020, 07:59
Blick auf die Synagoge in Halle.
Blick auf die Synagoge in Halle. ZB

Halle (Saale) - Die Jüdische Gemeinde in Halle hat am Montag den höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, begangen. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) besuchte die Gemeinde, die ausnahmsweise im Kulturtreff in Neustadt feierte. Die Räume in der Synagoge in der Humboldtstraße sind in Pandemiezeiten zu klein. Dort hätten die Corona-Sicherheitsmaßnahmen, etwa Abstandsregeln, nicht umgesetzt werden können.

Der Jom Kippur ist der Versöhnungstag, an dem in der Regel alle gläubigen Juden fasten sollen. Es darf nicht gearbeitet werden und es finden über den Tag verteilt viele Gebete statt, die mehrere Stunden lang dauern. In Halle beteiligten sich etwa 40 Menschen an den Feierlichkeiten, das bestätigte ein Gemeindemitglied auf MZ-Nachfrage.

9. Oktober 2019: Anschlag auf Synagoge in Halle zu Jom Kippur

Am Jom Kippur im vergangenen Jahr, damals fiel das Datum auf den 9. Oktober, hatte ein Attentäter die Jüdische Gemeinde angegriffen und versucht, in der Synagoge ein Blutbad anzurichten.

Nachdem er an der fest verschlossenen Tür gescheitert war, erschoss er auf der Straße und in einem Döner-Imbiss zwei Menschen und verletzte zwei weitere auf seiner Flucht schwer. Seit mehreren Wochen läuft nun in Magdeburg der Gerichtsprozess gegen den Attentäter.

Ein Jahr nach Anschlag von Halle: Polizei verstärkt Schutz

Die Polizei hat am Montag „Maßnahmen zum Schutz des jüdischen Feiertags“ durchgeführt, wie Polizeisprecher Ralf Karlstedt am MZ-Anfrage erklärt. Aus einsatztaktischen Gründen wollte er aber weder zu den Maßnahmen, noch zu der Anzahl der eingesetzten Polizisten Stellung nehmen. Seit dem Attentat bewachen Polizisten die Synagoge rund um die Uhr.

Am 9. Oktober findet in Halle der Gedenktag zum Attentat statt. Die Tür der Synagoge, auf der die Einschusslöcher des Attentäters zu sehen sind, soll als Mahnmal enthüllt werden. Um 12 Uhr, dem Zeitpunkt der Tat, soll das öffentliche Leben in der Stadt für etwa eine Minute lang still stehen und alle Glocken sollen läuten.

Juden in Halle feiern Jom Kippur in Neustadt

Der Jom Kippur fällt von Jahr zu Jahr auf einen anderen Tag, weil er nicht nach dem gregorianischen Kalender, sondern nach dem jüdischen Kalendersystem begangen wird, das nach Mondphasen ausgerichtet ist. Nach diesem Kalender dauert der Tag vom Vorabend bis zum Sonnenuntergang am Abend des Tages.

In den Gebeten, die am Jom Kippur gesprochen werden, werde das Attentat nicht erwähnt, sagte ein Gemeindemitglied. Es sei ein Gottesdienst, der sich nicht auf weltliche Ereignisse beziehe. Laut jüdischem Glauben vergibt Gott am Jom Kippur demjenigen seine Sünden, der Reue zeigt und sich entschuldigt. (mz)